Eigentlich war alles gut: Franz aus Bochum war verheiratet und hatte einen Job. Doch irgendwann erfuhr er, dass das Kind seiner Frau nicht von ihm war. "Da habe ich den Boden unter den Füßen verloren."
Franz trennte sich von seiner Frau und landete auf der Straße, weil "ich für mich sein wollte und frei sein wollte". Doch mit der Straße kamen der Alkohol und die Aggressionen. Und er musste betteln. Wie so viele andere Menschen in Deutschland.
Wie viele Bettler gibt es in Deutschland?
Dazu gibt es keine offiziellen Zahlen. Wie viele Menschen betteln, wird nirgends erfasst. Laut Bundesarbeitsgemeinschaft Wohnungslosenhilfe waren im Verlauf des Jahres 2022 607.000 Menschen wohnungslos. Davon lebten etwa 50.000 ganz ohne Unterkunft auf der Straße.
Nicht wenige von ihnen betteln. Dabei muss zumindest theoretisch in Deutschland eigentlich niemand hungern oder auf der Straße leben. Zahlreiche Schicksale zeichnen aber ein anderes Bild.
Welche Lebenswege stecken da dahinter?
Das sind viele unterschiedliche Geschichten: Menschen, die vor Gewalt und Krieg flüchten, die plötzlich ihre Wohnung verlieren oder für die es allgemein zu viel geworden ist im Leben, sagt Frank Zittlau vom Diakonischen Werk in Bochum: "Das sind Menschen, die es irgendwann nicht mehr geschafft haben, mit dem Druck unserer Gesellschaft klarzukommen."
So wie bei Franz aus Bochum. Sechseinhalb Jahre lang lebte er nach der Trennung von seiner Frau auf der Straße. Trotzdem seien viele Menschen sehr nett gewesen.
Ist Betteln erlaubt?
Ja, so lange es nicht aufdringlich und aggressiv ist. Das sogenannte "stille Betteln" ist seit 1974 nicht mehr strafbar. Anders beim "aggressiven Betteln": Dagegen gehen die Städte in NRW vor. In Köln zum Beispiel achtet zur Weihnachtszeit ein Ordnungsdienst verstärkt darauf, ob beispielsweise Bettler Passanten bedrängen. Notfalls sprechen sie Platzverweise oder sogar Bußgelder aus.
In Dortmund bemerkt die Stadt zwar, dass mehr Menschen in der Fußgängerzone betteln. Es gebe aber keinen Anstieg des "aggressiven Bettelns" zur Weihnachtsmarktzeit. Im Frühherbst war das noch anders, da hatten Gastronomen am Alten Markt sogar einen privaten Sicherheitsdienst gegen aufdringliche Bettler engagiert - mit Erfolg.
Die Stadt Krefeld wollte zu Beginn dieses Jahres gegen zu aggressives Betteln vorgehen und das "aktive Betteln" verbieten. Denn in den vergangenen Jahren hatte es immer wieder Beschwerden gegeben. Das Verwaltungsgericht Düsseldorf kippte das Verbot aber wieder. Es sei zu schlecht begründet gewesen. Unklar war, wo die Grenze zwischen erlaubtem "stillen Betteln" und verbotenem "aktiven Betteln" liegt.
Sollte man Bettlern etwas geben - und wenn ja, was?
Einige sagen: Nein, man unterstütze damit Banden oder Drogen- und Alkoholkonsum. Dass allerdings derzeit Bettler-Banden unterwegs sind, darauf haben große Städte wie Köln, Düsseldorf oder Dortmund keine Hinweise.
Frank Zittlau vom Diakonischen Werk in Bochum hält zudem dagegen: Die meisten Bettelnden seien auf die Hilfe anderer angewiesen.
Geld sei immer das beste, sagt Frank Zittlau. Und wenn jemand etwas geben wolle, dann bitte ohne Bedingungen. Niemand bettele freiwillig.
Wer Bettlern nichts geben möchte, weil er sich damit nicht wohl fühlt, der kann auch Organisationen und Vereine unterstützen, die sich um Menschen in Not kümmern: Caritas, Diakonie, Suppenküchen, Obdachlosen-Vereine oder andere.
Franz hat wieder einen Job und eine Wohnung
Franz aus Bochum hat die Kurve gekriegt und sich durch den Verkauf von Zeitungen wieder hochgerappelt. Jetzt ist er trocken, hat eine Wohnung und einen Job. Und er hilft anderen, die auf der Straße leben.
Sein Leben sei jetzt viel entspannter und ausgeglichener, sagt Franz. Und er bereut nicht, dass er damals gebettelt hat. Auf der Straße leben will er aber nicht noch einmal. "Ich persönlich kann und möchte es mir nicht vorstellen. Aber wenn ich es müsste, würde ich es genau so wieder tun."
Quellen:
- Interview mit Franz aus Bochum
- Interview mit Frank Zittlau
- BAG Wohnungslosenhilfe
- Stadt Köln
- Stadt Düsseldorf
- Stadt Dortmund