Ein Bus der VRR in Essen

Bus und Straßenbahn: VRR verkauft beim Fahrer bald nur Einzeltickets

Stand: 27.08.2024, 10:24 Uhr

In Bussen und Straßenbahnen im Verkehrsverbund Rhein-Ruhr (VRR) können Fahrgäste demnächst nur noch wenige Tickets kaufen.

Ab 1. September verkaufen die Fahrerinnen und Fahrer in den Bussen des VRR nur noch Einzeltickets für Erwachsene und Kinder sowie Fahrradtickets zum direkten Fahrtantritt. Das eingeschränkte Angebot gilt laut VRR-Mitteilung auch für die Automaten in den Straßenbahnen im VRR-Gebiet. Auch die Bogestra mit Sitz in Bochum und die Essener Ruhrbahn machen bei der Änderung mit.

In einer Mitteilung dazu schreibt der VRR unter anderem: "Fahrgäste profitieren zukünftig von pünktlicheren Abfahrten an den Haltestellen und einem deutlich verlässlicheren Fahrplan." Ob es überhaupt ein VRR-weites Problem mit Verspätungen bei Bussen und Straßenbahnen gibt, die mit dem Verkauf von Tickets zusammenhängen, konnte eine VRR-Sprecherin auf WDR-Nachfrage allerdings nicht sagen.

So oder so: Wer ab dem 1. September ein anderes Ticket als ein Einzelticket kaufen möchte, muss das künftig über Apps tun, in Kundencentern oder an Ticketautomaten an Bahnhöfen und Haltestellen.

Der VRR will weniger Papiertickets

VRR-Vorstandssprecher Oliver Wittke will in Sachen Digitalisierung noch viel weiter gehen. Er nennt die Änderung "einen ersten wichtigen Schritt. Die Reduzierung von Papiertickets und die Abschaffung der Entwerter" müssten folgen, heißt es in der Mitteilung.

Über die neue Regelung informiere das Unternehmen die Fahrgäste vor Ort, an den Bussen und parallel auch über Apps und soziale Medien, sagt der VRR. Das Gebiet des nach eigenen Angaben einwohnerstärksten Verkehrsverbunds umfasst den Großteil des Ruhrgebiets, den Niederrhein, Teile des Bergischen Landes sowie die Landeshauptstadt Düsseldorf

Pro Bahn: "Durchaus nachvollziehbar"

Detlef Neuß, Bundesvorsitzender, beim Fahrgastverband Pro Bahn, vermutet auch wirtschaftliche Gründe für die Änderung. Der öffentliche Nahverkehr (ÖPNV) sei von Bund und Land insgesamt stark vernachlässigt worden und unterfinanziert. Die Änderung bei den Tickets sei "unangenehm für die Fahrgäste, aber aus betriebswirtschaftlichen Gründen durchaus nachvollziehbar", sagt Neuß.

"Wenn es im ÖPNV überall an Geld mangelt, darf man sich nicht wundern, wenn die Verkehrsbetriebe nach Möglichkeiten suchen, den Vertrieb so kostengünstig wie möglich und in dem Fall auch digital durchzuführen, was dann auch Personal spart." Detlef Neuß, Pro Bahn
Detlef Neuß von Pro Bahn

Außerdem erinnert Neuß daran, dass es bei Bussen und Bahnen ein Personalproblem gibt. "Ohne Beratung beim Ticketverkauf können die Verkehrsbetriebe auch Menschen einstellen, die keine umfassenden Tarifkenntnisse haben oder nicht so gut Deutsch sprechen können."

Andere NRW-Verkehrsverbünde noch ohne Änderungen

Andere Verkehrsverbünde in NRW planen zunächst keine Änderungen. Beim Aachener Verkehrsverbund (AVV) sei zurzeit keine Reduzierung des in Bussen angebotenen Ticketsortiments geplant, teilte ein Sprecher mit. Beim Fahrpersonal seien Einzel-, 24-Stunden- und Tagestickets sowie Fahrradtickets erhältlich. Im Kreis Heinsberg und Kreis Düren würden darüber hinaus auch Wochen- und Monatskarten angeboten. 

Im Westfalentarif-Gebiet gebe es in der kommenden Zeit ebenfalls keine Änderungen im Ticketbezug an Automaten oder an Bord, sagte eine Sprecherin des Tarifverbunds. Das Verkehrsgebiet des Westfalentarifs umfasst einen Großteil der Landesteile Westfalen und Lippe, darunter etwa die Städte Bielefeld, Hamm und Münster sowie die Kreise Coesfeld, Gütersloh, Herford, Paderborn, Steinfurt, Unna und Warendorf.

VRS findet die Idee gut

Auch beim Verkehrsverbund Rhein‑Sieg (VRS) gebe es derzeit noch keine vergleichbaren konkreten Ideen für das Tarifgebiet, erklärte ein Sprecher. Die Idee des VRR sei aber dem Zeitgeist gerecht und daher nachvollziehbar. Der Ticketverkauf, insbesondere beim Fahrpersonal im Bus, sei durch das Deutschlandticket sowie digitale Tickets bereits deutlich seltener geworden, hieß es.

"Nur noch ein begrenztes Fahrkartensortiment beim Fahrpersonal anzubieten, entspricht diesem Trend und bietet zudem die Chance, dass Verkäufe schneller abgewickelt und so Verspätungen reduziert werden können", sagte VRS-Geschäftsführer Michael Vogel. Alle Vorstöße, die potenziell helfen, die Betriebsqualität zu erhöhen, seien überlegenswert.

Zum Tarifgebiet des VRS gehören neben den Städten Köln, Bonn, Leverkusen und Monheim der Rhein-Erft-Kreis, der Rhein-Sieg-Kreis, der Rheinisch-Bergischer Kreis, der Oberbergische Kreis und der Kreis Euskirchen. 

Unsere Quelle: