Geschlecht und Vornamen ändern lassen: Das sind die Pläne der Ampel

Stand: 25.03.2023, 20:19 Uhr

Wer bisher seinen Vornamen oder sein Geschlecht im Personenstandsregister ändern lassen wollte, hatte hohe Hürden zu überwinden. Das soll sich nach den Plänen der Ampel-Koalition ändern. An die Stelle von Gutachten tritt die Selbstauskunft.

In Deutschland könnte es leichter werden, das beim Amt eingetragene Geschlecht und den eingetragenen Vornamen zu ändern. Nach Angaben der "Süddeutschen Zeitung" (Samstag) hat sich die Ampel-Koalition auf Regeln im geplanten Selbstbestimmungsgesetz geeinigt. Dieses soll das bisherige Transsexuellengesetzt aus dem Jahr 1981 ablösen.

Was gilt bisher?

Nach dem Transsexuellen-Gesetz müssen Menschen zur Änderung ihres Vornamens oder ihres Geschlechts dem Standesamt zwei psychologische Gutachten vorlegen und dafür sehr intime Fragen beantworten. In den Gutachten müssen die Sachverständigen auch Stellung dazu nehmen, ob sich nach den Erkenntnissen der medizinischen Wissenschaft das Zugehörigkeitsempfinden des Antragstellers bzw. der Antragstellerin mit hoher Wahrscheinlichkeit nicht mehr ändern wird.

Die Entscheidung über den Antrag liegt beim zuständigen Amtsgericht, das den Antragsteller bzw. die Antragstellerin auch persönlich anhört. Wenn nur der Vorname im Ausweis geändert wird, spricht man von der "kleinen Lösung". Nach dieser Änderung behalten die Transsexuellen rechtlich gesehen ihr altes Geschlecht. Bei der so genannten großen Lösung wird auch das eingetragene Geschlecht geändert.

Das Transsexuellengesetz hat seit seinem Inkrafttreten im Jahr 1981 das Bundesverfassungsgericht mehrfach beschäftigt. Mehrere Vorschriften wurden für verfassungswidrig erklärt. So war bis 2011 etwa vorgegeben, dass beim Antrag auf eine Änderung der Geschlechtszugehörigkeit die Antragsteller dauernd fortpflanzungsunfähig sein mussten und sich bereits einem operativen Eingriff unterzogen hatten, der eine deutliche Annäherung an das Erscheinungsbild des anderen Geschlechts erreicht hatte. Zuvor war etwa die Vorschrift gekippt worden, dass verheiratete Transsexuelle sich erst scheiden lassen mussten, bevor sie ihr Geschlecht ändern lassen konnten.

Trotz der Änderungen kritisieren Betroffene, das bisherige Verfahren sei langwierig, aufgrund der Gutachten teuer und entwürdigend.

Neben dem Transsexuellen-Gesetz gibt es noch das "Gesetz zur Änderung der in das Geburtenregister einzutragenden Angaben" aus dem Jahr 2018. Es ermöglicht intersexuellen Menschen den Eintrag "divers" im Geburtenregister oder das Offenlassen dieser Angabe. Als intersexuell bezeichnet man Menschen, die weder dem weiblichen noch dem männlichen Geschlecht eindeutig zugeordnet werden können. Für eine nachträgliche Änderung bedarf es einer ärztlichen Bescheinigung. Der Bundesgerichtshof hat im Mai 2020 entschieden, dass dieses Gesetz allerdings nicht für transsexuelle Menschen gilt.

Was sieht die Reform nun vor?

Künftig sollen Transgeschlechtliche, intergeschlechtliche und nicht-binäre Menschen nach dem neuen Selbstbestimmungsgesetz nur noch eine einfache Selbstauskunft beim Standesamt abgeben müssen, wenn sie den Vornamen oder den Geschlechtseintrag im Personenstandsregister ändern wollen. Die Gutachten würden wegfallen. Vorgesehen ist der "Süddeutschen Zeitung" zufolge zudem eine Bedenkzeit.

Erst drei Monate nach dem Antrag auf Geschlechtsänderung beim Standesamt soll die Entscheidung tatsächlich wirksam werden. Eine neuerliche Änderung des Geschlechtseintrags soll nach den Plänen von Bundesfamilienministerin Lisa Paus (Grüne) und Bundesjustizminister Marco Buschmann (FDP) frühestens nach einem Jahr möglich werden, wie die Zeitung schreibt.

Was gilt für Minderjährige?

Bei Minderjährigen unter 14 Jahren soll eine Geschlechtsänderung dem Bericht zufolge im Personenstandsregister nur von den Sorgeberechtigten beantragt werden können. Bei über 14-Jährigen und bei einem Konflikt mit den Eltern soll ein Gericht entscheiden, wenn das Kindeswohl gefährdet ist.

Warum kommt die Einigung erst jetzt?

Es gab Unstimmigkeiten im Detail zwischen dem FDP-geführten Justizministerium sowie dem Grünen-geführten Bundesfamilienministerium.

Auch war Kritik laut geworden: Die Geschlechtsumwandlung werde zu sehr vereinfacht und mehrfach hintereinander möglich gemacht. Auch gab es Bedenken, dass beispielsweise ein biologischer Mann, der nach dem Eintrag im Pass eine Frau sei, eine Frauensauna besuchen und die anderen Besucherinnen stören könne. Der jetzt vorliegende Referentenentwurf stellt laut "Süddeutscher Zeitung" klar, dass im Streitfall das Hausrecht gilt. Saunabetreiber könnten also selbst entscheiden, ob und welchen Transmenschen sie Einlass gewähren.

Wann tritt die Reform in Kraft?

Bislang ist lediglich in der Koalition eine Einigung erzielt worden. Der Gesetzentwurf muss jetzt noch die parlamentarischen Hürden nehmen. Bundesfamilienministerin Paus hatte Anfang des Jahres erklärt, dass das Selbstbestimmungsgesetz noch vor der parlamentarischen Sommerpause beschlossen werden soll.