FDP-Forderung: Mehr Platz für Autos in den Innenstädten Aktuelle Stunde 12.08.2024 35:43 Min. UT Verfügbar bis 12.08.2026 WDR Von Andrea Moos

Der Kampf ums Auto in den Innenstädten: Sind weniger wirklich besser?

Stand: 12.08.2024, 22:07 Uhr

Während viele Städte weniger Autos wollen, fordert die FDP das Gegenteil. Um das Auto gibt es längst einen Kampf in den Städten.

Von Catharina Coblenz

Die FDP will das Autofahren in Innenstädten wieder attraktiver machen. Ein FDP-Sprecher bestätigte, dass das Präsidium der Liberalen am Montag ein Programm mit dem Fokus auf Autos verabschieden will.

Das Ziel des Programms: Mehr Autos in die Innenstädte locken - beispielsweise durch kostenlose Parkmöglichkeiten oder auch ein deutschlandweites Flatrate-Parken nach dem Vorbild des 49-Euro-Bahntickets.

Kritik an der Idee einer autofreundlichen Innenstadt

Belit Onay, Oberbürgermeister von Hannover und Mitglied des Parteirats der Grünen, kritisiert die autofreundlichen Pläne der FDP. Er sagt: "Es ist ein gefährlicher Irrglaube, dass man mit mehr Autoverkehr mehr wirtschaftliche Stärke in den Innenstädten schafft".

"Eine Politik rein für das Auto bedeutet eine Gefahr für den Standort und Einzelhandel." Belit Onay, Oberbürgermeister von Hannover

Laut Onay ist die Verkehrswende ein entscheidender Aspekt für die Wiederbelebung der Innenstädte. In den Innenstädten müsse es wieder Orte geben, an denen man sich gerne aufhält. "Die Konkurrenz ist der Onlinehandel", sagt Onay, "und da bestehen die Innenstädte nur, wenn die Leute gern dort sind." Somit würde die Verkehrswende auch eine Stärkung des Einzelhandels bedeuten.

"Innenstadtmobilität für morgen"

Ein Beispiel für eine solche Verkehrswende ist die Maßnahme "Innenstadtmobilität für morgen" der Stadt Aachen, die gerade in die erste Phase geht. Die Verkehrsführung soll hier in mehreren Etappen geändert werden.

Die Innenstadt soll auf diese Weise verkehrsberuhigter werden. Gleichzeitig soll sie jedoch auch weiterhin für alle Verkehrsteilnehmer erreichbar sein. Abgesehen von der geänderten Verkehrsführung, sind beispielsweise auch Premiumfußwege und der Ausbau von Fahrradwegen geplant.

Kontroverse Diskussionen

In Aachen wird diese Maßnahme sehr kontrovers diskutiert. Laut der Stadt Aachen soll die Maßnahme zu einem entspannteren Miteinander führen - sowohl an den verkehrsberuhigten Orten, als auch im Straßenverkehr selbst. Gleichzeitig solle die Innenstadt auch weiterhin gut erreichbar sein.

Hans Dieter Schaffrath ist Vorsitzender des Vereins "Mobile Vernunft" aus Aachen. Der Verein, der aus einer Bürgerinitiative heraus entstanden ist, lehnt solche Maßnahmen und die Mobilitätspolitik der Grün/Roten Mehrheit entschieden ab. Der Verein hat ein Bürgerbegehren gegen die Aachener Maßnahme eingereicht, der jedoch abgelehnt wurde. Dagegen hat der Verein nun geklagt.

"Ökolögisch unsinnig"

Schaffrath sagt, dass viele Autofahrer einfach nicht mehr in die Innenstadt kommen werden, wenn diese Maßnahme in Aachen umgesetzt wird. Dass die Leute deswegen auf das Fahrrad umsteigen würden, kann er sich nicht vorstellen. Wer trotzdem mit dem Auto in die Innenstadt zu fahren würde, müsse Umwege nehmen, was laut Schaffrath "ökologisch unsinnig" sei.

Schaffrath sagt, dass der Verein auch grundsätzlich nichts gegen Fahrradwege habe, aber das neue Konzept für die Aachener Innenstadt würde den Autoverkehr extrem einschränken - es wäre sogar eine "Schikane für den Autoverkehr".

Segen oder Fluch für den Einzelhandel

Schaffrath sieht auch den Einzelhandel durch die Verkehrswende gefährdet. Denn: Wenn die Autofahrer die Innenstädte meiden, dann bedeutet das weniger Menschen in den Innenstädten und somit auch weniger Umsatz für den Einzelhandel. Er betont, dass der Einzelhandel viele verschiedene Probleme habe und dass die Mobilitätspolitik natürlich nicht alleinig für den Niedergang des Einzelhandels verantwortlich wäre - aber sie sei ein Aspekt, der dazu beiträgt.

"Wenn der Einzelhandel eh schon Probleme hat. - Das noch oben drauf ist einfach nur dumm." Hans Dieter Schaffrath, Vorsitzender des Bürgervereins "Mobile Vernunft"

Verschiedene Studien stützen jedoch eher die Einschätzung von Oberbürgermeister Belit Onay. Eine Studie der ISAA Potsdam von 2022 hat am Beispiel Berlin festgestellt, dass nur 6,6 Prozent der Menschen mit dem Auto zum Einkaufen fahren. Damit sind die Autofahrer nur für 8,7 Prozent der Umsätze verantwortlich.

Gleichzeitig kommt die Studie zu dem Schluss, dass "starke Stadtzentren und belebte öffentliche Räume (...) vielerlei gesellschaftlichen Funktionen" dienen. Und das auch die lokale Wirtschaft von einer "Neuverteilung des Straßenraums profitiert" - auch wenn dadurch Parkplätze verloren gehen. Eine andere Studie, die 2023 im "Journal of Transport Geography" veröffentlicht wurde, geht sogar noch einen Schritt weiter: Laut dieser Studie schadet es den Geschäften sogar, wenn es viele Parkplätze in der Straße gibt.

Quellen: