Vorgezogenes Weihnachten in Venezuela | WDR Aktuell 00:57 Min. Verfügbar bis 04.09.2026

Warum Venezuela schon im Oktober Weihnachten feiert

Stand: 04.09.2024, 11:10 Uhr

In Venezuela beginnt die Weihnachtszeit in diesem Jahr schon am 1. Oktober. Das hat Präsident Maduro in seiner eigenen Fernsehshow angekündigt. Er will wohl von Unruhen im Land ablenken, sagen Kritiker.

In Venezuela hat der autoritäre Präsident Nicolás Maduro Weihnachten um fast drei Monate vorgezogen. "Es ist September und es riecht schon nach Weihnachten. Als Dank an das kämpferische Volk werde ich Weihnachten per Dekret auf den 1. Oktober vorziehen", sagte der Staatschef in seiner eigenen Fernsehshow im Staatsfernsehen. "Das Weihnachtsfest kommt mit Frieden, Freude und Sicherheit."

Was genau ist für das Weihnachtsfest im Oktober geplant?

Offenbar wird die Weihnachtszeit symbolisch früher eingeläutet und dauert dann fast drei Monate. Der Haupt-Weihnachtstag ist in Venezuela traditionell der 25. Dezember. Es ist nicht das erste Mal, dass Weihnachten in Venezuela schon früher gefeiert wird: Maduro hat während der Corona-Pandemie 2020 Weihnachten auf den 15. Oktober vorgezogen, im Jahr darauf auf den 4. Oktober. Damals hat der Staatspräsident ein Video des mit Christbäumen und Weihnachtsdekoration geschmückten Präsidentenpalast Miraflores veröffentlicht, in dem er selbst sagte: "In Venezuela werden wir ein fröhliches, strahlendes Weihnachtsfest voller Lichter und Farben haben."

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Warum hat Maduro das Weihnachtsfest vorverlegt?

Der Staatspräsident will mit der Nachricht über die frühe Weihnachtszeit wohl von drängenden Problemen in seinem Land ablenken, sagen Kritiker. Maduro regiert autoritär, ihm werden seit Jahren Menschenrechtsverletzungen vorgeworfen.

Nicolás Maduro, venezolanischer Präsident | Bildquelle: Jeampier Arguinzones / dpa

Ende Juli war in Venezuela Präsidentschaftswahl, danach haben die regierungstreuen Wahlbehörden Maduros Wiederwahl ausgerufen - ohne konkrete Ergebnisse zu liefern. Es gab Proteste, mehr als 2000 Menschen wurden dabei festgenommen. Die venezolanische Opposition spricht von Wahlbetrug. Gerade erst wurde ein Haftbefehl gegen den Oppositionsführer erlassen - nur wenige Stunden bevor Maduro das frühe Weihnachtsfest angekündigt hat.

Er feiere den "Frieden", der nach den "kriminellen Angriffen" auf seine Regierung im Land geschaffen worden sei, sagte Maduro bei seiner Ansprache im Staatsfernsehen.

Wie reagiert die Bevölkerung auf Maduros Ankündigung?

In Venezuela leben 80 Prozent der Menschen unterhalb der Armutsgrenze. Das hat unter anderem auch Inés Quevedo, eine Sekretärin und Mutter aus der Hauptstadt Caracas, gegenüber der Nachrichtenagentur AP betont. Die Menschen hätten drängende Probleme:

"Wir alle machen uns Sorgen, wie wir Essen auf den Tisch stellen sollen, wie wir für den Bus bezahlen werden, die Kinder zur Schule schicken und Medizin kaufen können, wenn wir sie benötigen." Inés Quevedo, Sekretärin und Mutter von zwei Kindern

Die 39-Jährige fügte hinzu: "Ich denke nicht, dass sie unsere Gehälter verbessern und uns den "Aguinaldo" zahlen werden." Gemeint ist damit der Weihnachtsbonus, den Angestellte üblicherweise zum Ende des Jahres erhalten.

"Weihnachten sollte eine Zeit der Freude sein, der Familientreffen, der Feste, der Geschenke", sagte José Ernesto Ruiz, ein 57-jähriger Büroangestellter. "Aber ohne Geld und mit dieser politischen Krise, wer kann da glauben, dass Weihnachten früher kommt?"

Die Regierung verteilt in der Weihnachtszeit traditionell Lebensmittelpakete in den Armenvierteln - möglicherweise nutzt Maduro die frühere Weihnachtszeit, um diese Pakete früher zu verteilen.

Wie reagiert die katholische Kirche auf das frühe Weihnachtsfest?

Venezuela ist traditionell katholisch geprägt. Nach verschiedenen Angaben gehören um die 90 Prozent der Bevölkerung der römisch-katholischen Kirche an. Von der Kirche gibt es bislang keine Reaktion auf die Vorverlegung des Weihnachtsfestes in diesem Jahr. Aber die Kirche steht Präsident Maduro insgesamt kritisch gegenüber. Die venezolanische Bischofskonferenz hat nach dem umstrittenen Wahlergebnis vor ein paar Wochen gefordert, dass die Stimmzettel überprüft werden.

Über dieses Thema berichtet der WDR auch im WDR Hörfunk: Um 10.15 Uhr auf WDR 2 und im Tag um zwölf auf WDR 4.

Unsere Quellen:

  • Nachrichtenagentur AFP
  • Nachrichtenagentur AP
  • Nachrichtenagentur KNA