Bundesregierung will härter gegen Scheinvaterschaften vorgehen

Stand: 12.06.2024, 19:10 Uhr

Scheinväter mit vielen anerkannten Kindern belasten die Sozialsysteme in Millionenhöhe. Die Bundesregierung will dagegen jetzt schärfer vorgehen.

Die Ampel-Koalition hat am Mittwoch einen Gesetzentwurf beschlossen, der sogenannte Scheinvaterschaften verlässlicher verhindern soll. Bei Scheinvaterschaften erkennen deutsche Männer Vaterschaften an, obwohl sie mit ihnen nichts zu tun haben – und das teilweise auch gegen Geld. Scheinvaterschaften sind zwar auch schon heute verboten, Behörden tun sich den zuständigen Ministerien zufolge allerdings schwer, effektiv gegen die Masche vorzugehen.

Mit ihrem neuen Gesetzentwurf wollen Innenministerin Nancy Faeser (SPD) und Justizminister Marco Buschmann (FDP) ein verschärftes Prüfverfahren einführen: Wenn die Mutter des zu adoptierenden Kindes nur ein schwaches oder gar kein Aufenthaltsrecht hat, darf das Standesamt die Eintragung nur vornehmen, wenn vorher eine Zustimmung der Ausländerbehörde eingeholt wird. Eine erfolgreiche Täuschung der Behörden soll künftig strafbar sein.

Scheinvater-Fall in Dortmund

Im Frühjahr hatte in NRW ein Scheinvater-Fall für Aufsehen gesorgt: Jonathan A. lebt in Nigeria, hat einen deutschen Pass und 24 Kinder anerkannt. Für sie hat er Geld bezogen und zeigt das auch in den sozialen Medien: Jonathan A. alias "Mr Cash Money". Durch den mutmaßlichen Scheinvater könnte allein der Stadt Dortmund ein Schaden von 1,5 Millionen Euro entstanden sein.

Darüber hatte das ARD-Magazin Kontraste im Februar berichtet. Im Frühjahr hatte die Stadt Dortmund erste Konsequenzen gezogen. Der Vorgang wirft viele Fragen auf.

Was ist im Fall von "Mr Cash Money" passiert?

Eigentlich ist die Regelung zum Wohle der Kinder gedacht: Wer bereit ist, Sorge für ein Kind zu tragen, kann sich rechtlich als Vater anerkennen lassen. Unabhängig davon, ob das Kind das eigene ist oder ob man mit ihm oder der Mutter zusammenlebt.

Doch diese Regelung wird offenbar ausgenutzt: Jonathan A., der deutscher Staatsbürger und in Dortmund gemeldet ist, hat 24 Kinder anerkannt, deren Mütter aus afrikanischen Ländern stammen. Aber Jonathan A. zahlt für die Kinder nicht, für sie muss der deutsche Staat aufkommen.

Wie reagiert die Stadt Dortmund darauf?

OB Thomas Westphal lässt Anzahl ermitteln | Bildquelle: Anja Cord / imago images

Jonathan A. ist nach Kontraste-Recherchen nicht der einzige Fall in Dortmund. Zur Frage, wie viele Fälle es insgesamt gibt, konnte die Stadt gegenüber dem WDR noch keine Angaben machen. Die Anzahl werde derzeit auf Anweisung von Oberbürgermeister Thomas Westphal (SPD) vom Rechnungsprüfungsamt ermittelt.

"Die entsprechenden Verfahren werden nun noch einmal überprüft", sagte eine Pressesprecherin der Stadt dem WDR. "So lange sind Vaterschaftsbeurkundungen, bei denen auch ausländerrechtliche Belange berührt sind, ausgesetzt."

Betroffen von dieser Regelung sind also nicht alle Vaterschaftsbeurkundungen, die in Dortmund beantragt werden. Es geht nach Angaben der Stadt nur um Fälle nach Paragraf 1597a BGB (2). In diesem Paragrafen des Bürgerlichen Gesetzbuches wird das "Verbot der missbräuchlichen Anerkennung der Vaterschaft" von Fällen geregelt, die im Zusammenhang mit dem Ausländerrecht stehen.

Wie viele solcher Fälle gibt es in Deutschland?

Hohe Belastung der Sozialkassen | Bildquelle: imago images / Rüdiger Wölk

Nach Erkenntnissen der Bundesregierung wurden von den Ausländerbehörden in den Jahren 2018 bis 2021 insgesamt 1769 Verdachtsfälle bearbeitet und 290 falsche Anerkennungen festgestellt. Das tatsächliche Ausmaß sei vermutlich deutlich größer. Fachleute gehen von zehntausenden Fällen in den vergangenen Jahren aus. Die Datenlage ist dünn: Den Ausländerbehörden werden nur konkrete Verdachtsfälle der beurkundenden Stellen gemeldet, also von Standesämtern, Jugendämtern und Konsularbeamten in den Botschaften.

Unsere Quellen:

  • ARD-Magazin Kontraste
  • tagesschau.de
  • Stadt Dortmund
  • Bürgerliches Gesetzbuch (BGB)
  • Nachrichtenagentur dpa