Aufregung um riesen Rindertransport in Kapstadt

Aktuelle Stunde 21.02.2024 02:55 Min. UT Verfügbar bis 21.02.2026 WDR Von Cosima Gill

19.000 Rinder auf Schiff vor Kapstadt - wie werden Tiere in Deutschland transportiert?

Stand: 21.02.2024, 19:55 Uhr

Im südafrikanischen Kapstadt hat ein riesiger Tiertransport für Kritik gesorgt. Ein Schiff mit 19.000 Rindern hatte dort angelegt. Tierschützer kritisierten die Bedingungen an Bord. Wie Tiertransporte in Deutschland und der EU geregelt sind.

Von Andreas Schneider

An Bord des Frachters "Al Kuwaits" befinden sich nach Angaben der Stadtverwaltung rund 19.000 Rinder auf dem Weg von Brasilien in den Irak. Zum Teil unter schrecklichen Bedingungen, kritisieren südafrikanische Tierschützer und veröffentlichten Fotos von Rindern, die zentimetertief in Kot stehen.

Transporte in dieser Größenordnung sind auf der Welt üblich, sagt die deutsche Bundestierärztekammer. Vor allem für die Region Australien und Neuseeland. Ungewöhnlich ist aber, dass solche Transporte für so lange Zeit vor einem Hafen verweilen und dann für Aufsehen sorgen. In Deutschland laufen fast alle Tiertransporte per Lkw, also in einem deutlich kleinerem Maßstab, sagt die Bundestierärztekammer. Aber auch hierzulande werden viele Tiere lebend transportiert – mehrere hundert Millionen jedes Jahr.

Rind auf Rinder-Schiff

Rinder an Bord des Frachters Al Kuwaits

Deutschland hat die strengsten Gesetze

Schlachttiere dürfen in Deutschland maximal acht Stunden transportiert werden – inklusive Be- und Entladen. Die Bundestierärztekammer schätzt, dass Schlachttiere dadurch nur in einem Radius von etwa 400 Kilometern transportiert werden können. Viele Transportunternehmen umgehen diese Gesetze daher. In Nachbarstaaten dürfen Schlachttiere auch länger transportiert werden. Immer in Schleifen von 24 Stunden Transport und 24 Stunden Ruhepause.

Das Bild zeigt Schweine im einem Transporter. Die Tiere sind dicht aneinander gedrängt, eins reckt den Kopf zwischen zwei anderen empor und schaut aus dem Laster.

Jährlich werden Millionen Tiere in Deutschland transportiert

Viele Transportunternehmen scheinen die strengen deutschen Regeln zu umgehen. Einerseits indem sie Schlachttiere als Nutztiere deklarieren. Diese dürfen nämlich deutlich länger transportiert werden, andererseits indem sie die Strecken aufteilen. Wenn Tiere 48 Stunden an einem Ort verweilen, gilt der Transport als abgeschlossen. Viele Unternehmen nutzen das, um gezielt Gesetze zu umgehen. Wer von Deutschland nach Ungarn fährt, dort 48 Stunden verweilt und dann weiterfährt, muss die Fahrt nur noch von den lockereren ungarischen Behörden genehmigen lassen und nicht mehr von den deutschen.

Kontrollen finden nur selten statt

Das Tierschutzrecht bietet insbesondere in Deutschland ausreichend Möglichkeiten, tierschutzwidriges Verhalten schnell und angemessen zu sanktionieren, schreibt Dr. Sebastian Gößling, Richter am Amtsgericht in Hamburg, in einem Fachartikel. Geldstrafen bis zu 25.000 Euro und Gefängnissstrafen sind denkbar. Trotzdem werden Verstöße kaum verfolgt, zeigt eine empirische Untersuchung der Universität Leipzig.

Polizei kontrolliert Viehtransporter.

Die Polizei kontrolliert einen Tiertransport

Mögliche Alternativen, wenn möglich

Die Bundestierärztekammer fordert, Tiertransporte generell kritisch zu hinterfragen und Alternativen zu wählen, wenn möglich. Für Nutztiere, die zur Zucht vorgesehen sind, könne man zum Beispiel Sperma oder Eizellen transportieren. Bei Schlachttieren könne man die Tiere erst schlachten und dann das Fleisch transportieren. Einer der Hauptgründe, warum das nicht passiert, ist laut Bundesinformationszentrum Landwirtschaft, dass Lebendtransporte günstiger sind, als der aufwändig gekühlte Transport von Fleisch.

Bundestierärztekammer fordert einheitliche Regeln

Sollten Alternativen nicht möglich sein, fordert die Bundestierärztekammer verbindliche und EU-weite Regeln. Besonders wichtig sei eine EU-weite zeitliche Begrenzung von Tiertransporten, die nicht verlängert werden kann. Andere Experten fordern eine strengere Durchsetzung bestehender Gesetze und die Schließung von Grauzonen wie die Teilung einer Route in Abschnitte, um Vorgaben zu umgehen.

Quellen

Über dieses Thema berichten wir im WDR am 21.02.2024 auch im Fernsehen, Aktuelle Stunde, 18.45 Uhr.

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