Studie zu Schönheitsidealen: Zu dick für den Strandurlaub?

Rückt der Urlaub näher, werfen viele Menschen offenbar einen besonders kritischen Blick in den Spiegel. Das Urteil fällt oft nicht besonders milde aus. Fast die Hälfte der Deutschen versucht noch vor der Abreise, den eigenen Körper mit Diät und Sport für den Strandurlaub zu "optimieren". Das ist das Ergebnis einer repräsentativen Online-Umfrage unter 1.600 Männern und Frauen aller Altersklassen, die von der Krankenkasse Pronova BKK in Auftrag gegeben wurde.

Besonders hohe Ansprüche stellen dabei die Jüngeren an ihren Körper: 71 Prozent der 18- bis 29-Jährigen erklären, dass sie aktiv an ihrer "Strandfigur" arbeiten. Um die zu erreichen, schrecken einige von ihnen offenbar nicht einmal vor medizinischen Eingriffen zurück: 15 Prozent haben sich demnach sogar schon einmal Fett absaugen oder eine Gesichtsstraffung vornehmen lassen.

Nicht alle können oder wollen sich an einem unerreichbaren Ideal messen lassen. Laut der Umfrage verzichtet fast jede dritte Frau und jeder vierte Mann komplett auf den Strandurlaub, weil sie sich in ihrem Körper unwohl fühlen.

Soziologe: Ständiges Vergleichen mit vermeintlichen Idealen

Für den Gesundheitssoziologen Friedrich Schorb von der Uni Bremen sind solche Ergebnisse nicht überraschend. Schönheitsideale seien stark von Medien und Werbung geprägt, sagte der Experte für Gewichtsdiskriminierung am Montag im WDR-Interview. "Sie vergleichen sich permanent mit den medialen Einflüssen, die auf sie einprasseln."

Offenbar ist der Druck aber ungleich verteilt: Der Umfrage zufolge haben Männer erheblich weniger Probleme mit ihrem Körper als Frauen: Nur 20 Prozent geben an, mit ihrem Aussehen unzufrieden zu sein. Bei den Frauen sind es 30 Prozent.

Sollen sich Dicke nicht im Bikini zeigen?

Ein eher unangenehmes Ergebnis der Umfrage: Fast jeder dritte Befragte ist nicht nur ungnädig, wenn es um den eigenen Körper geht. "Dickere Menschen" sollten sich besser überhaupt nicht in Bikini, Badeanzug oder Badehose zeigen, so ihre Meinung. Bei Menschen unter 30 stimmten sogar 43 Prozent dem zu. Auch wenn erfahrungsgemäß bei Online-Umfragen die Hemmschwelle zu provokanten Aussagen niedriger liegt als im Alltag - völlig aus der Luft gegriffen, sind die Zahlen wohl nicht.

"Leider leben wir in einer fettfeindlichen Gesellschaft", kommentiert Louisa Dellert die Umfrage auf Instagram. In den Sozialen Netzwerken sei man ständig den Kampagnen der Diät- und Schönheitsindustrie ausgesetzt, sagt die Autorin und Influencerin, die auf ihren Kanälen für ein positives Körpergefühl und gegen Body-Shaming eintritt.

Denkt mal drüber nach und seid doch bitte einfach kein Arschloch. Louisa Dellert, Influencerin

Der Einfluss solcher Werbung sei enorm und bestimme, "wie wir bereits in jungen Jahren Schönheit definieren und Körper bewerten", so Dellert. Aber die alltägliche Diskriminierung sei für die Betroffenen ein enormer psychischer Stress. "Denkt mal drüber nach und seid doch bitte einfach kein Arschloch", so ihr Appell.

Mythos: Schlankheit ist eine Leistung

Die Diskriminierung dicker Menschen beruhe auf einem psychologischen Trick, meint Soziologe Schorb. "Das hat viel mit dem Wunsch zu tun, sich selbst als etwas Besseres darzustellen." Das funktioniere besonders gut bei den Themen Gewicht und Aussehen wegen eines weit verbreiteten Missverständnisses. "Man müsste mit dem Mythos aufräumen, dass Gewicht überwiegend etwas mit Disziplin und Verhalten zu tun hat und eben nicht sehr stark mit Genetik und Lebensverhältnissen."

Über dieses Thema berichtet der WDR am 05.08.2024 auch in seinen Radioprogrammen.

Unsere Quellen