Drei Schritte seien jetzt notwendig, erklärte Innenminister Ralf Jäger (SPD) am Rande einer Pressekonferenz am Mittwoch (06.01.2016) in Düsseldorf: Erstens erwarte er "noch diese Woche" einen genauen Bericht der Kölner Polizei darüber, was sich in der Silvesternacht am Kölner Hauptbahnhof zugetragen hat, wo und wie die Beamten eingegriffen hätten. Detailliert müsse dargelegt werden, welche Beamten zu welcher Zeit wo im Einsatz waren und wieviele Kräfte noch angefordert wurden. "Das muss die Kölner Polizei und auch die Bundespolizei den Opfern erklären", sagte Jäger. Die scharfe Kritik von Bundesinnenminister Thomas de Maizière (CDU) am Vorgehen der Kölner Beamten wies Jäger allerdings empört zurück: Ohne Kenntnisse der Details eine andere Polizeibehörde zu kritisieren sei "eine Frage des Stils", sagte er.
Jäger: "Rechtsstaat braucht Zeit, um zu ermitteln"
Zweitens sei jetzt eine "konsequente Strafverfolgung" angezeigt. Drei Tatverdächtige seien inzwischen ermittelt, es habe alledings noch keine Festnahmen gegeben. Die Beamten seien zurzeit noch dabei, weiter Videomaterial aus der Silvesternacht auszuwerten. Sollten sich die Täter als Asylbewerber herausstellen, müsste deren Abschiebung "wenn möglich konsequent durchgeführt" werden. Auf die Frage, warum die Polizei auch nach fünf Tagen mit ihren Ermittlungen noch nicht weiter ist, sagte Jäger: "Manchmal braucht der Rechtsstaat Zeit, um akribisch zu ermitteln."
Frauen haben Anspruch auf Sicherheit
Drittens müsse sichergestellt werden, dass es zukünftig nicht mehr zu solch enthemmtem Verhalten gegen Frauen in Massenansammlungen kommen könne. Die Kölner Oberbürgermeisterin Henriette Reker hatte am Dienstag (05.01.2016) Verhaltensempfehlung an Frauen ausgegeben, wonach beispielsweise "eine Armlänge" Distanz zu dubiosen Personen hilfreich wäre. In den sozialen Medien erntete Reker dafür jede Menge Spott. Jäger wertete diese Hinweise als gut gemeint, es sei aber nicht allein Aufgabe der Frauen, sich selber zu schützen: Frauen hätten "einen Anspruch" darauf, dass sie sich in der Öffentlichkeit frei und sicher bewegen können.
Eine Ausweitung der Videoüberwachung im öffentlichen Raum betrachte er nur an solchen Stellen als sinnvoll, so Jäger, wo sich dadurch "Erkenntnisse zur Verhinderung von Straftaten" ergeben könnten. Bei Großveranstaltungen beispielsweise sei eine temporäre Videoüberwachung denkbar, die es der Polizei ermöglicht, Personal sofort gezielt einzusetzen.
Am kommenden Montag (11.01.2016) wird der Innenausschuss des Düsseldorfer Landtags in einer Sondersitzung erörtern, wie es in der Silvesternacht zu den massenhaften Übergriffen auf Frauen kommen konnte. NRW-Innenminister Jäger soll dort Rede und Antwort stehen.
100 Anzeigen nach Übergriffen in der Silvesternacht
Nach Polizeiangaben hatten sich am Silvesterabend etwa 1.000 Männer auf dem Bahnhofsvorplatz versammelt, die zunächst Raketen abfeuerten und Böller in die Menge warfen. Schließlich sollen sie in kleineren Gruppen Frauen sexuell bedrängt und beraubt haben. Bis Mittwochvormittag zählte die Polizei mehr als 100 Anzeigen, der größte Teil davon beziehe sich auf sexuelle Belästigungen, aber auch Diebstahl. Zwei Frauen zeigten Vergewaltigungen an. Über die Täter hat die Polizei bisher keine konkreten Erkenntnisse - nach Angaben von Augenzeugen und Opfern sollen sie dem Aussehen nach größtenteils nordafrikanischer oder arabischer Herkunft sein.
CDU-Chef Laschet legt indirekt Rücktritt des Polizeipräsidenten nah
Am Mittwoch (06.01.2016) äußerte sich auch der CDU-Landesvorsitzende Armin Laschet zu den Vorfällen: Die Polizeiführung in Köln habe in der Silvesternacht "eklatant versagt", urteilte Laschet. Dass der Kölner Polizeipräsident Wolfgang Albers "nicht imstande" sei, solche Lagen zu verwalten, sei "offenkundig". "Wenn Jäger weiter an Albers festhält", so Laschet, "wird jeder weitere Fall dieser Art auch zum Problem des Innenministers". Denn: "Jäger ist für die innere Sicherheit zuständig."