Die Einbürgerung soll einfacher werden: Details zur Gesetzesreform

Stand: 19.05.2023, 17:51 Uhr

Menschen aus dem Ausland, die schon lange legal in Deutschland leben, sollen schneller zu Staatsbürgern werden - wenn sie ihren Lebensunterhalt ohne Sozialleistungen bestreiten können. Die Ampel hat sich jetzt auf eine Reform des Gesetzes geeinigt.

Der neue Gesetzentwurf soll die Einbürgerung erleichtern und doppelte Staatsbürgerschaften sollen grundsätzlich möglich sein. Voraussetzung für die schnellere Einbürgerung soll sein, dass man den Lebensunterhalt für sich und seine Familie ohne Sozialleistungen bestreiten kann. Bei besonderen Integrationsleistungen sollen auch drei Jahre genügen. Der neue Entwurf soll nun zur Abstimmung an Länder und Verbände gehen.

Wozu soll die Wartezeit bis zur Einbürgerung eigentlich verkürzt werden? Warum soll häufiger die doppelte Staatsbürgerschaft erlaubt sein? Weshalb ist das besonders für Türken in Deutschland interessant? Und welche Argumente gibt es gegen die Pläne? Fragen und Antworten.

Warum soll die Einbürgerung schneller als bisher erfolgen?

Die Einbürgerung soll künftig in der Regel schon nach fünf statt nach acht Jahren möglich sein. Auf diesen Plan hatte sich die Ampel-Regierung schon im Koalitionsvertrag geeinigt. "Wir wollen, dass Menschen, die Teil unserer Gesellschaft geworden sind, unser Land auch demokratisch mitgestalten können", sagte Nancy Faeser. Gute Beispiele wie Kanada zeigten, dass diese Perspektive auch entscheidend sei, um dringend gebrauchte Fachkräfte zu gewinnen.

Wer deutscher Staatsbürger wird, der bekennt sich zum Leben in unserer freiheitlichen und vielfältigen Gesellschaft. Nancy Faeser (SPD), Bundesinnenministerin
Nandy Faeser, Bundesinnenministerin (SPD)

Nancy Faeser (SPD)

Dazu sollten sie auch wählen und für öffentliche Ämter kandidieren dürfen, wofür die Staatsbürgerschaft Voraussetzung sei, so Faeser. Die Einbürgerung stärke auch die Integration. Auch in Deutschland geborene Kinder ausländischer Eltern sollen schneller Deutsche werden können. Die Bedingung: Ein Elternteil muss seit fünf Jahren rechtmäßig in Deutschland leben. Bislang galt das erst nach acht Jahren.

Auch für die ältere Generation, häufig die sogenannten Gastarbeiter, die vor Juni 1974 eingewandert sind, soll es einfacher werden. Sie sollen künftig keinen schriftlichen Deutsch-Test mehr machen müssen, um eingebürgert zu werden. Der Nachweis mündlicher Sprachkenntnisse soll reichen. Auch sollen sie keinen schriftlichen Einbürgerungstest mehr machen müssen. 

Im EU-weiten Vergleich bürgert Deutschland übrigens nicht besonders viele Menschen ein - gemessen an der Zahl derjenigen Menschen, die ohne deutsche Staatsbürgerschaft in Deutschland leben. Die höchste Einbürgerungsrate hatte 2020 Schweden. Dort wurden 8,6 Prozent aller Ausländer, die in dem Jahr dort lebten, eingebürgert. In Deutschland lag die Rate bei 1,1 Prozent.

Rund 10,7 Millionen Menschen lebten Ende 2021 mit ausländischer Staatsbürgerschaft in Deutschland. Rund 5,7 Millionen von ihnen halten sich seit mindestens zehn Jahren in Deutschland auf.

Welche Faktoren schließen eine Einbürgerung aus?

Vor allem auf Drängen der FDP wurde der Entwurf noch einmal nachgeschärft. In der Neufassung wird nun klarer geregelt, dass bestimmte Straftaten eine Einbürgerung ausschließen. Ausdrücklich genannt werden etwa rassistische, menschenverachtende oder antisemitische Handlungen - und die Staatsanwaltschaft muss künftig die Einbürgerungsbehörde auf Anfrage über solche Taten informieren.

"Besonders wichtig ist das klare Bekenntnis zur freiheitlich-demokratischen Grundordnung und unseren liberalen Werten", sagt der FDP-Innenexperte Stephan Thomae. "Diesbezüglich wollen wir Prüfungen und Sicherheitsabfragen verstärken."

Kritik an den geplanten Erleichterungen kommt unter anderem aus der Union. Durch die Reform "steigt das Risiko, dass vorschnell Personen eingebürgert werden, welche nicht ausreichend integriert sind", warnte Unions-Innenexperte Alexander Throm (CDU). Der AfD-Innenpolitiker Gottfried Curio kritisierte, die Reform werde die ohnehin schon "anwachsende Rekordeinwanderung" weiter steigen lassen.

Warum soll häufiger die doppelte Staatsbürgerschaft erlaubt sein?

Der so genannte Doppel-Pass soll mit der Reform künftig von der Ausnahme zur Regel werden. Die Eingebürgerten sollen prinzipiell ihre ursprüngliche Staatsangehörigkeit behalten dürfen. Bislang war die doppelte Staatsangehörigkeit nur in Ausnahmefällen möglich. Diese bisherige Regelung entspreche nicht mehr der Praxis, heißt es in dem Entwurf. Zugewanderte würden mit der Reform nicht mehr gezwungen, "einen Teil ihrer Identität aufzugeben".

Tatsächlich ist die doppelte Staatsbürgerschaft in Deutschland eine Ausnahme. Laut Mikrozensus 2021 gibt es in Deutschland etwa 2,9 Millionen Doppelstaatler. Das entspricht etwa 3,5 Prozent der Bevölkerung. Das Statistische Bundesamt geht allerdings davon aus, dass die tatsächliche Zahl höher ist. Die meisten Doppelstaatler stammen aus Polen, Russland und der Türkei.

Anrecht auf die doppelte Staatsbürgerschaft haben bislang unter anderem:

  • Menschen, deren Herkunftsland die alte Staatsbürgerschaft nicht zurücknimmt (z.B. Iran, Afghanistan, Marokko)
  • Kinder von Eltern mit deutscher und anderer Staatsbürgerschaft
  • Flüchtlinge, z.B. wenn ihnen im Heimatland Verfolgung droht
  • eingewanderte Israelis

Warum ist vor allem Türken die doppelte Staatsbürgerschaft wichtig?

In Deutschland leben laut Mirkozensus etwa 280.000 Menschen, die sowohl die türkische als auch die deutsche Staatsbürgerschaft haben. Diese doppelte Staatsbürgerschaft basiert bislang aber auf Ausnahmeregelungen. Denn bisher gilt das Prinzip, Mehrstaatigkeit zu vermeiden.

Derzeit leben in Deutschland knapp 1,5 Millionen Türkinnen und Türken ohne deutschen Pass. Das ist etwa jeder achte Ausländer. Für viele von ihnen ist die türkische Staatsbürgerschaft Ausdruck ihrer Identität, daher wollen sie sie nicht aufgeben und sich nicht einbürgern lassen.

Wie geht es jetzt weiter mit dem Gesetzentwurf?

Bei dem Entwurf von Bundesinnenministerin Nancy Faeser (SPD) handle es sich um die "finale Einigung" der Ampel-Partner, hieß es aus Koalitionskreisen. Im weiteren parlamentarischen Verfahren und der Verbändeanhörung könnten sich aber noch kleinere Änderungen ergeben.

Bis zum Sommer soll das Kabinett den Gesetzesentwurf verabschieden. Anschießend berät und entscheidet der Bundestag.