Das Generalkonsulat liegt auf einer Anhöhe in Bad Godesberg. Freistehende Einfamilienhäuser dominieren die Straße. Heute wird die baumreiche Idylle durch hunderte Autos gestört. Nirgendwo gibt es eine Parkmöglichkeit. Vor einer Einfahrt direkt gegenüber dem Kontrollposten steht Sergej. Beim Blick auf die Menschenschlange schmunzelt er. "Da sind viele dabei, die gegen Putin stimmen", ist er überzeugt.
Sergej ist kein Unbekannter. Er hat 2007 mit Oppositionsführer Alexej Nawalny die Organisation "Das Volk" gegründet und bezeichnet sich als Freund des verstorbenen Kremlkritikers. Sergej kommt aus St.Petersburg, musste wegen seines Engagements gegen Putin fliehen. Jetzt kämpft er von hier aus für ein demokratisches Russland. "Wir erwarten nichts von diesen Wahlen", sagt er, "es ist nicht möglich, die Wahlen zu beeinflussen, aber wir zeigen uns."
Immer wieder Wortgefechte
Ein paar Meter weiter in der Warteschlange singt eine kleine Gruppe älterer Frauen die russische Nationalhymne. Sie haben Bändchen mit den russischen Nationalfarben an ihren Taschen. Ivan steht daneben. "Ich wähle für Putin, damit Russland überlebt", sagt er in gebrochenem Deutsch. Dann will er weiter ausholen, wird aber von einer Frau zurück in die Reihe gezogen.
Auffallend ist ein Kamerateam. Der Reporter trägt ein Cappy mit der russischen Fahne aufgedruckt. Begleitet wird er von zwei großen Bodyguards. Die Lage ist angespannt. Es tauchen jetzt einige Protest-Wähler auf, die offensiv Anti-Putin-Schilder hochhalten oder ein kleines Regenbogenzeichen am Revers tragen. Es kommt immer wieder zu Wortgefechten auf Russisch - aggressiver Tonfall von beiden Seiten. Lisa aus Linz hält einen kleinen Blumenstrauß in der Hand. "Wir wollen ihn gleich noch an der Mahnwache für Alexej Nawalny ablegen", sagt sie. Viele möchten sich nicht fotografieren lassen.
Gegner rufen: "Putin nach Den Haag"
Es ist zwölf Uhr mittags. Inzwischen haben sich rund 150 Putin-Gegner direkt gegenüber dem Generalkonsulat aufgestellt. Laut rufen sie "Putin nach den Haag" oder "Putin, Du Mörder." Ein Mann feuert über ein Mikrofon die Gruppe an. Einige Wähler, die aus dem Konsulat kommen, schreien die Putin-Gegner an. Dazwischen stehen 20 Polizisten, die keine Miene verziehen. Von der angekündigten prorussischen Demonstration ist hier am Generalkonsulat nichts zu sehen.
Aufruf zum Protest
Die Warteschlange ist jetzt deutlich länger geworden. Putin-Gegner hatten weltweit aufgerufen, um zwölf Uhr zu den Wahlen zu kommen und diese zu stören. Das scheint hier in Bonn für die Länge der Schlange verantwortlich zu sein. Fast nur noch junge Menschen stehen jetzt an. Sie stören aber niemanden.
Alöna ist extra aus Frankfurt gekommen. Sie sagt: "Ich gehe wählen, aber ich mache mehrere Kreuze aus Protest, dann ist der Stimmzettel ungültig." Ihre Freundinnen nicken zustimmend.
Über dieses Thema berichtete der WDR am 17.3.2024 auf im Fernsehen, in der Aktuellen Stunde um 18.45 Uhr.