Russland: Wahlen beginnen
Aktuelle Stunde . 15.03.2024. 42:07 Min.. UT. Verfügbar bis 15.03.2026. WDR. Von Jochen Fischer.
Präsidentschaftswahl: Wie Russen in NRW wählen und wie sie über Putin denken
Stand: 15.03.2024, 17:10 Uhr
Die russische Präsidentschaftswahl hat begonnen - ohne Oppositionskandidaten. Auch Russen in Deutschland können wählen. Was in NRW passiert und wie die russische Community denkt.
Von Jörn Seidel
Wer als Russe in NRW am Sonntag seine Stimme abgeben will, muss zum Russischen Generalkonsulat in Bonn fahren. Zwei Demonstrationen wird es an dem Tag in der Bundesstadt geben: eine pro und eine kontra Präsident Wladimir Putin, wie die Polizei Bonn am Freitag dem WDR mitteilte. Im Stadtverkehr ist daher mit Behinderungen zu rechnen.
Nur wenige bekennen sich öffentlich zu Putin
Elena Kolbasnikova, Pro-Putin-Aktivistin in NRW
Eine, die sich schon auf vielen Demos in NRW als Unterstützerin Putins zu erkennen gab und bereits selbst zu mehreren Autokorsos aufrief, ist Elena Kolbasnikova aus Köln. Die Russin kam 1996 nach Deutschland und bezeichnet sich als "russische Aktivistin". Wegen ihrer Äußerungen zum Angriffskrieg Russlands gegen die Ukraine ist sie bereits zu einer Geldstrafe verurteilt worden.
Was gefällt ihr an Putins Politik? "Ich empfehle jedem, nach Russland zu kommen, um zu schauen", sagte Kolbasnikova dem WDR für die "Tagesthemen" vom Donnerstag. "Es gibt in den Geschäften alles. Die Menschen arbeiten alle."
Rentner Boris
Wer sich auf der Straße umhört, findet nur wenige Menschen, die sich öffentlich so deutlich pro Putin äußern wie Kolbasnikova. Einer, der ebenfalls Putin wählen will, ist ein 91-jähriger Russe aus Köln. Warum? "Weil er mir gefällt", sagt Boris über den Staatschef.
In Russland droht Putin-Kritikern die Strafverfolgung. Auch deshalb zieht es viele Russen in Deutschland zu Demos gegen Putin.
Russin in NRW: Probieren, etwas gegen Putin zu tun
"Wenn ich ehrlich bin, weiß ich, dass Putin einfach wiedergewählt wird", sagte vor einigen Wochen eine junge Teilnehmerin einer Putin-kritischen Demo in Köln dem WDR. "Aber ich würde mir nie verzeihen, wenn ich nicht mal probiere, etwas dagegen zu tun."
Mit der jungen Russin gesprochen hat WDR-Reporterin Viktoria Merkulova für ihre 1LIVE-Reportage "Wenn in deiner alten Heimat Russland gewählt wird".
Merkulova ist selbst gebürtige Russin und hat in den vergangenen Monaten mit vielen Russen in Deutschland gesprochen, vor allem in NRW. "Viele fühlen sich machtlos", sagte Merkulova am Freitag dem WDR. Die Wahl bereite ihnen ein "mulmiges Gefühl", weil sie wüssten, dass es nichts bringe.
Viktoria Merkulova, WDR-Reporterin
In der Tat stehen außer Putin nur drei weitere Kandidaten auf dem Wahlzettel der Präsidentschaftswahl - sie alle gelten als kremlnah und chancenlos. Trotzdem hätten ihr viele Russen in Deutschland gesagt, dass sie am Sonntag für einen dieser drei Kandidaten stimmen wollen, sagt Merkulova. "Sie wollen mit ihrer Stimme zeigen, dass sie gegen Putin sind."
Yuri Nikitin, Verein Freies Russland NRW
Auch Yuri Nikitin will aus diesem Grund am Sonntag in Bonn gegen Putin demonstrieren. Er ist Vorsitzender des Düsseldorfer Vereins Freies Russland NRW. Zwar hat er die doppelte Staatsbürgerschaft. Wählen gehen will er aber nicht. "Es wird die erste Wahl sein, an der ich nicht teilnehme", sagte Nikitin am Freitag dem WDR. Denn das ändere sowieso nichts, meint auch er. Putin werde ohnehin gewinnen.
Putin brauche lediglich Bilder, die zeigen, dass Menschen den Wahlzettel abgeben. Was damit passiere, sei völlig unklar, ist Nikitin überzeugt.
Eine These, die auch Politikwissenschaftlerin Elizaveta Kuznetsova vom Weizenbaum-Institut in Berlin stützt. Ob die Stimmen der Russen in Deutschland wirklich ausgezählt werden oder was sonst damit passiert, das wisse man einfach nicht, sagte sie dem WDR.
Beobachter der Organisation für Sicherheit und Zusammenarbeit in Europa (OSZE) hat Russland bei der Wahl nicht zugelassen.
Über dieses Thema berichtet am Freitag auch die "Aktuelle Stunde" im WDR Fernsehen.
Unsere Quellen:
- Polizei Bonn, auf WDR-Anfrage und Pressemitteilung
- Generalkonsulat der Russischen Föderation in Bonn, Pressemitteilung
- Elena Kolbasnikova, WDR-Interview für die "Tagesthemen"
- Rentner mit dem Vornamen Boris, WDR-Umfrage in Köln für die "Tagesthemen"
- 1LIVE-Reportage "Wenn in deiner alten Heimat Russland gewählt wird"
- Viktoria Merkulova, WDR-Reporterin
- Yuri Nikitin, Vorsitzender Verein Freies Russland NRW im Gespräch mit dem WDR
- Politikwissenschaftlerin Elizaveta Kuznetsova im Gespräch mit WDR-Reporterin Viktoria Merkulova