Mehr Wettbewerb im Bahnverkehr: Hersteller entdecken das Ruhrgebiet Lokalzeit Ruhr 27.05.2024 06:12 Min. Verfügbar bis 27.05.2026 WDR Von Carmen Krafft-Dahlhoff

Mehr Wettbewerb im Bahnverkehr: Hersteller entdecken das Ruhrgebiet

Stand: 22.05.2024, 17:33 Uhr

Seit Kurzem sind gleich drei internationale Hersteller mit ihren Instandhaltungs-Werkstätten im Ruhrgebiet präsent. Und laufen sich warm für den Wettbewerb um Strecken und neue Zug-Modelle.

Von Carmen Krafft

Vor dem denkmalgeschützeten Ringlokschuppen des ehemaligen Bahnbetriebs-Werkes Gelsenkirchen wird der ehemalige Chef des Verkehrsverbunds Rhein Ruhr beinahe pathetisch: "Das Eisenbahner Herz schlägt höher, wenn wir 2026 hier den Service für unseren Express für Münsterland und Niederrhein an den Start bringen." Ronald Lünser verantwortet heute für den spanischen Hersteller CAF Kauf und Bau des neuen Instandhaltungswerkes in Gelsenkirchen. Deutschland-Premiere für die Firma CAF. Die hatte die Ausschreibung fürs Münsterland gewonnen.

Bedarf an Service für Züge riesengroß

Die Spanier dürften die neuen Hallen im Ruhrgebiet wegen der zentralen Lage bauen, aber auch aus strategischen Gründen. Denn in den Nachbarstädten weiten konkurrierende Zughersteller wie Siemens (Dortmund) und Stadtler (Herne) ihre bestehenden Reparatur-Werkstätten ebenfalls aus oder planen dies.

Der Ringlokschuppen Gelsenkirchen wird für die neue Zug-Werkstatt erneuert | Bildquelle: Carmen Krafft, WDR

Der Bedarf an Wartung und Service ist groß. "Wir sind nicht nur bei Lok-Reparatur komplett ausgebucht - es kommen S-Bahnen aus Niedersachsen zur Reparatur", heißt es bei Stadler in Herne.

Wer Züge verkauft muss auch reparieren

Deren Züge aus der Schweiz fahren auf vielen S-Bahn-Strecken in NRW. Der Fahrgastverband Pro Bahn wertet neue Reparatur-Werke als gute Nachricht mit Vorteilen für Bahnkunden. "Wer heute einen Zug verkauft, muss ihn auch 30 Jahre warten", ordnet Dirk Renser die Entwicklung ein. "Das dürfte die Qualität verbessern." Diese Hersteller-Wartung gilt im VRR-Nahverkehr, seit der Rhein-Ruhr-Express (RRX) 2018 an den Start ging.

Von Paris nach Berlin in Hochgeschwindigkeit?

Viele S-Bahnen werden in Herne durchgecheckt und gereinigt | Bildquelle: Carmen Krafft, WDR

Dirk Renser von Pro Bahn blickt in die Zukunft: "Wenn immer mehr Hersteller Komplett-Pakete anbieten, also Züge bauen und vor Ort reparieren, könnten mehr Betreiber auf die Idee kommen, sich um Strecken zu bewerben." Beispiel: Warum sollte "Eurostar" zukünftig von Paris nicht auch nach Berlin fahren, wenn es einen Service-Stützpunkt im Ruhrgebiet gibt? Außerdem steige mit der Vielfalt der Hersteller auch die Vielfalt der Modelle: Der eine biete mehr Platz für Räder, der andere mehr Toiletten an.

Mehr Werkstätten für Züge: Ein weiterer Standort-Vorteil für die Region zeigt sich in Dortmund. Zwei Kilometer Luftlinie vom Hauptbahnhof entfernt investiert Siemens gerade 150 Millionen Euro in den Ausbau seines Service-Standortes. Siemens wartet dort den RRX, hofft aber wohl auch auf neue ICE-Lieferverträge. Und es geht auch um innovative Arbeitsplätze: "Wir sind in Dortmund die erste voll digitalisierte Siemens-Werkstatt - mit attraktiven Jobs für Techniker und Manager." 250 Mitarbeiter sollen dort ab 2026 arbeiten.

Züge made in Gelsenkirchen

Der RRX wird von Siemens in Dortmund gewartet | Bildquelle: Carmen Krafft, WDR

In Gelsenkirchen sollen bald rund 30 Mitarbeiter in der Zug-Werkstatt mehr als 70 neue Züge für das Netz Niederrhein/Münster warten. Es könnten auch mehr werden. "Wir planen, nicht nur den Service für die Fahrzeuge. Die sollen hier mittelfristig auch zusammengebaut werden", so Ronald Lünser von CAF.

Das dürfte wiederrum den Wettbewerb unter den Herstellern fördern - und gut fürs Klima sein. Auf Strecken ohne Oberleitung werden die Züge made in Gelsenkirchen nämlich im Akku-Betrieb fahren.

Unsere Quellen:

  • CAF
  • Fahrgastverband Pro Bahn
  • Siemens
  • Stadler
  • WDR-Recherche

Über dieses Thema berichtet der WDR am 27.05.2024 auch in der Lokalzeit Ruhr im WDR Fernsehen.