Vor rund einem Jahr hat vor dem Dortmunder Landgericht der Prozess gegen drei Polizisten und zwei Polizistinnen begonnen. Sie waren an dem Einsatz beteiligt, bei dem Mouhamed Dramé von einem der Angeklagten erschossen wurde. Über 30 Verhandlungstage hat der Prozess gedauert. Dabei sollte geklärt werden: War der Einsatz gegen Mouhamed Dramé rechtmäßig, als der sich im Innenhof einer Jugendeinrichtung ein Messer an den Bauch hielt?
Der Einsatzleiter hatte angeordnet, dass in dieser Situation Pfefferspray gegen den suizidgefährdeten Jugendlichen eingesetzt werden sollte. Eine Polizistin führte den Befehl aus, woraufhin sich Dramé erhob und sich mit dem Messer in der Hand in Richtung der Polizisten bewegte. Ein Polizist und eine Polizistin feuerten ihre Taser - die Elektroschockpistolen - ab. Fast zeitgleich schoss ein weiterer Beamter, der als Sicherungsschütze mit einer Maschinenpistole bereitstand, sechs Schüsse auf Dramé ab. Fünf Kugeln trafen den Jugendlichen, der an einem Bauchschuss starb.
Mehr zum Fall Mouhamed Dramé im Podcast:
Staatsanwaltschaft fordert vier Freisprüche
In der Anklageschrift hatte die Staatsanwaltschaft dem Schützen Totschlag, den Polizisten mit Pfefferspray und Taser gefährliche Körperverletzung und dem Einsatzleiter die Anstiftung zu gefährlicher Körperverletzung vorgeworfen. Dennoch forderte die Staatsanwaltschaft in ihrem Plädoyer für vier der Angeklagten Freisprüche. Sie hätten, wenn auch irrtümlich, gedacht, sich in einer Notwehrlage zu befinden.
Die Polizisten hatten geschildert, dass sie von einem Angriff auf sich ausgegangen waren und sich und ihre Kollegen verteidigen wollten. Einen Angriffswillen von Mouhamed Dramé habe die Staatsanwaltschaft aber nicht feststellen können, deswegen war sie zugunsten der Angeklagten von einer irrtümlichen Annahme ausgegangen.
Einsatzleiter soll rechtswidrigen Befehl gegeben haben
Für den Einsatzleiter forderte die Staatsanwaltschaft eine Freiheitsstrafe von 10 Monaten, die zur Bewährung ausgesetzt werden könnte, sowie eine Geldzahlung an eine Jugendeinrichtung. Der Einsatzleiter habe klar rechtswidrig den Befehl zum Einsatz des Pfeffersprays gegeben: Für den Einsatz des Pfeffersprays bestand zu dem Zeitpunkt überhaupt keine Notwendigkeit, so Oberstaatsanwalt Dombert: "Dadurch hat er eine Kette in Lauf gesetzt, die dann zum Tod von Mouhamed Dramé geführt hat."
Unsere Berichterstattung rund um den Prozess:
Die Verteidiger der fünf Polizisten haben jeweils Freisprüche gefordert. Der Verteidiger des Einsatzleiters hatte betont, dass sein Mandant in einer "brandgefährlichen" Situation gewesen sei und seiner Meinung nach das Bestmögliche getan habe. Das Ziel sei es gewesen, dass Dramé sich durch den Einsatz des Pfeffersprays die Augen reibe und dabei das Messer fallen lasse.
Das Urteil wird gegen 13 Uhr erwartet. Die verschiedenen Parteien haben danach die Möglichkeit Rechtsmittel gegen das Urteil einzuleiten.
Unsere Quellen:
- Reporter im Gericht
- Anklage der Staatsanwaltschaft
- Plädoyer der Staatsanwaltschaft
- Plädoyer der Verteidiger
Über dieses Thema berichten wir am 12.12.2024 unter anderem in der WDR Lokalzeit aus Dortmund.