Tierheime sind überfüllt WDR aktuell 13.02.2024 Verfügbar bis 13.02.2026 WDR Von Diana Ahrabian

Platzmangel: Duisburger Tierheim kann Haltungsstandards kaum einhalten

Stand: 14.02.2024, 16:07 Uhr

Das Tierheim in Duisburg ist rappelvoll. Katzen müssen oft in zu engen Käfigen sitzen. Hunde sind oft nur schwer vermittelbar. Die Mitarbeiter können die Haltungsstandards kaum noch einhalten.

Von Katharina Paris

"Na, Schatz, komm mal her". Tierpfleger Christian Reichrath spricht mit zärtlicher Stimme zu der braun-weißen Mischlingshündin Sunny, die sich sofort an sein Bein kuschelt. Reichrath krault sie hinter den Ohren und streichelt ihr über den Kopf. Sunny trägt einen grünen Mantel, ihre Hinterpfoten zieht sie hinter sich her. "Sie hat Lähmungserscheinungen in den Hinterläufen", erklärt der Tierpfleger. Im Zwinger steht ein Hunderollator. Den bekommt Sunny umgeschnallt, wenn sie längere Strecken laufen muss.

Christian Reichrath mit Hund Sunny und ihrem Rollator | Bildquelle: WDR/Katharina Paris

Die Hündin ist noch nicht lange im Duisburger Tierheim. Die Wahrscheinlichkeit, dass sie noch mal neue Besitzer findet, ist gering. "Hunde sind nicht leicht zu vermitteln, vor allem dann nicht, wenn sie krank sind", erzählt Reichrath. Erst Ende des Jahres wurde Ricky, ein paar Zwinger weiter, eingeschläfert. Er lebte zehn Jahre im Tierheim. Aaron, ein Malinois, ist auch schon seit 2017 hier. Aktuell warten 60 Hunde im Duisburger Tierheim darauf, in ein neues Zuhause zu ziehen. Platz für viel mehr gibt es auch nicht.

Duisburger Tierheim entspricht nicht mehr aktuellen Standards

Die ersten Gebäude des Tierheims wurden in den 1950er Jahren gebaut. Anschließend wurde es immer wieder erweitert. Mittlerweile ist das Gelände ein zusammengewürfelter Mix aus Containern, Wellblechzwingern, Steinhäusern und Garagen. "Man muss kreativ werden bei der Unterbringung", sagt Tierheimleiter Lutz Kaczmarsch. "An die Haltungsbedingungen können wir uns aus Platzmangel schon lange nicht mehr halten".

Gerade bei den Katzen ist die Situation prekär. Auf der Quarantänestation riecht es sehr streng. Alle Käfige sind belegt, teilweise stehen sie übereinandergestapelt mitten im Raum. In einem sitzen drei schwarz-weiße Kitten. "Das dürfte so eigentlich gar nicht sein", sagt Kaczmarsch. 160 Katzen sind überall auf dem Gelände untergebracht. Platz wäre höchstens für 115.

Die Tierheime sind voll. Nicht nur in Duisburg. Immer wieder gibt es Hilferufe. In den Sozialen Medien der Tierheime werden fast täglich Hunde, Katzen oder Kleintiere vorgestellt, die neue Besitzer suchen. In den Gemeinden Dülmen und Billerbeck werden als Anreiz sogar die Hundesteuer erlassen, wenn man die Vierbeiner aus dem Tierheim holt, statt aus dem Internet.

Leiter: finanzielle Gründe, warum Menschen ihre Tiere abgeben oder aussetzen

"Früher war es immer so eine Wellenbelegung. Da kamen im Sommer viele Tiere, im Winter weniger. Seit ein paar Jahren werden das ganze Jahr über gleich viele Tiere abgegeben", sagt Kaczmarsch. Grund für die steigenden Zahlen seien seiner Meinung nach mittlerweile nicht mehr nur noch die Corona-Auswirkungen. "Die Menschen können sich die Tiere einfach nicht mehr leisten".

Tierheimleiter Lutz Kaczmarsch | Bildquelle: WDR/Katharina Paris

Seit Ende 2022 sind die Tierarztkosten gestiegen. Eine einfache Untersuchung bei Katzen zum Beispiel ist nun dreimal so teuer. Das sei für viele nicht mehr machbar. Das Ergebnis: Immer mehr Tiere werden ausgesetzt oder abgegeben.

Gleich neben der Quarantäne-Station der Katzen leben die Kleintiere. Kaninchen, Hasen, Meerschweinchen. Eine Albino-Häsin und ihre vier kleinen Kinder sind gemeinsam in einem Stall untergebracht. Simon Kaumanns nimmt eines der Kleinen auf den Schoss und streichelt es.

"Die würde ich am liebsten nur zusammen vermitteln", sagt der Stellvertretende Tierheimleiter. "Wie süß die immer miteinander kuscheln, da geht echt mein Herz auf". Dass die vier wirklich zusammenbleiben dürfen, ist jedoch sehr unrealistisch.

Sunny bekommt besonders viel Aufmerksamkeit von ihren Pflegern

Bei den Hundezwingern genießt Sunny weiter die Streicheleinheiten ihres Pflegers. Nach einigen Minuten nimmt Christian Reichrath Eimer und Schaufel und macht den Zwinger sauber. Sunny liegt dabei friedlich auf ihrer Decke. Die Hündin hat Glück im Unglück. Sie darf eine der größeren Unterkünfte bewohnen. Mit großzügigem Außenbereich.

Und weiter entfernt von den Wellblechzwingern, aus denen den ganzen Tag lang Hundegebell zu hören ist. Reichrath stellt Schaufel und Eimer zur Seite, holt frische Decken und Kissen aus der Waschküche und legt sie in Sunnys Schlafecke aus. "Wir versuchen ihr das Leben hier so angenehm wie möglich zu machen". Das Tierheim ist Sunnys Zuhause. Und wird es wohl auch bleiben.

Unsere Quellen:

  • WDR-Reporterin vor Ort