Der angeklagte Polizist muss schlucken. Er ringt um Worte. Nach seiner Aussage möchte er sich noch an die beiden Brüder des Toten wenden, die im Gerichtssaal sitzen: "Das Ganze betrifft mich sehr. Ich spreche der Familie Dramé mein aufrichtiges Mitgefühl aus. Ich will sagen, dass es mir sehr leid tut", sagt er und ist dabei den Tränen nahe. Es ist das erste Mal, dass sich einer der an dem tödlichen Einsatz beteiligten Polizisten entschuldigt.
Schon vorher hatte er in seiner Aussage mehrmals betont, wie nah ihm der Einsatz bis heute gehe. "Ich habe sein Gesicht jeden Tag vor Augen", sagte der Angeklagte. Als er vom Tod Mouhamed Dramés erfahren hat, habe es sich angefühlt, als sei sein eigenes Herz kurz stehen geblieben.
Der Lokalzeit-Podcast "Mouhamed Dramé – Wenn die Polizei tötet"
Brüder von Mouhamed Dramé weinen im Gerichtssaal
Sidy und Lassana Dramé sind seit Monaten in Deutschland und verfolgen den Prozess. Die Brüder des Toten sind in dem Fall Nebenkläger. Beide haben am Mittwoch im Gerichtssaal während der Aussage des Schützen geweint. Lassana Dramé musste den Saal kurzzeitig verlassen. Auch nach dem Verhandlungstag sind beide noch völlig aufgelöst und nicht in der Lage über das gerade Erlebte zu sprechen.
Einsatz in Jugendeinrichtung eskalierte
Der Schütze und mehrere Kollegen wurden 2022 zu einem Einsatz mit einer möglicherweise suizidalen Person gerufen. Der 16-jährige Dramé saß im Innenhof einer Jugendeinrichtung in der Dortmunder Nordstadt und soll ein Küchenmesser gegen seinen Bauch gerichtet haben. Weil er auf Ansprachen von Betreuern und später auch Polizisten nicht reagiert haben soll, habe der Einsatzleiter den Einsatz von Pfefferspray angeordnet.
Daraufhin soll Dramé mit dem Messer aufgestanden und sich in Richtung der Polizisten bewegt haben. Die setzten daraufhin fast zeitgleich Taser und eine Maschinenpistole gegen den Jugendlichen ein. Fünf Schüsse trafen Dramé - unter anderem im Bauch und Gesicht. Die Staatsanwaltschaft hält den Polizeieinsatz für rechtswidrig und hatte deswegen Anklage gegen fünf beteiligte Beamte erhoben.
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Schütze: Schüsse alternativlos
In seiner Aussage führte der Schütze aus, dass es für ihn zu dem Zeitpunkt, als Dramé auf ihn zugelaufen sei, alternativlos gewesen sei, zu schießen. Für einen Warnschuss sei da aufgrund der geringen Distanz keine Zeit mehr gewesen. "Möglicherweise waren die Schüsse eine Konsequenz aus dem, was vorher falsch gelaufen ist", kommentiert die Anwältin der beiden Brüder Lisa Grüter die Aussage des Angeklagten. Bereits im April hatten die ersten zwei von insgesamt fünf Angeklagten vor Gericht ausgesagt.
Der Schütze ist seit September 2022 vom Dienst suspendiert. Aufgrund des Einsatzes nimmt er unregelmäßig psychologische Hilfe in Anspruch.
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