Behindertenwerkstätten ermitteln in Duisburg den Deutschen Meister Lokalzeit aus Dortmund 22.08.2024 03:35 Min. Verfügbar bis 22.08.2026 WDR Von Zübeyde Sürgit

Behindertenwerkstätten ermitteln in Duisburg den Deutschen Meister

Stand: 22.08.2024, 20:55 Uhr

Zum 23. Mal ist in Duisburg der Deutsche Fußballmeister der Werkstätten für Menschen mit Behinderung ausgespielt worden. Der Titel geht nach Berlin. Der NRW-Meister „Hellweg Werkstätten“ aus Kamen im Kreis Unna landet am Ende auf Platz fünf.

Von Julian Schildheuer

Aufregung am Seitenrand. "Das war doch ein klares Foul", rufen die Spieler der Hellweg-Werkstätten in Richtung Schiedsrichter. Immer wieder springen die Auswechselspieler auf, während auf dem Platz ein Schuss nach dem anderen am Tor des Gegners aus Hannover vorbeirauscht.

"Wir wollen unbedingt gewinnen. Wenn wir hier sind, dann geben wir auch alles", erklärt Linksverteidiger Steven. Für den 22-Jährigen ist es wie für all seine Teamkollegen der Hellweg-Werkstätten die erste Teilnahme an den Deutschen Meisterschaften der Werkstätten für Menschen mit Behinderung. Steven sitzt völlig erschöpft auf der Bank. Es ist nicht mehr lang zu spielen. Hannover führt 1:0 gegen die Mannschaft aus Kamen im Kreis Unna, immerhin amtierender NRW-Meister.

Ehrgeiz und Emotionen prägen die Spiele

Auf dem Rasen der Sportschule Wedau in Duisburg liefern sich beide Teams ein enges Spiel. Auf der linken Seite brechen die Kamener kurz vor Schluss durch. Eine scharfe Flanke in die Mitte, wo Stürmer Tolgar auf das Tor köpft. Doch wieder geht der Ball neben das Tor. Direkt danach folgt der Abpfiff und die Hellweg-Spieler lassen sich enttäuscht auf den Boden fallen.

"Für die Jungs ist das hier alles. Das Team schmeißt sich in jeden Zweikampf und lebt für jedes Spiel", beschreibt es Trainer Achim Krupka. "Es ist ehrgeiziger geworden in den vergangenen Jahren", stellt auch der Vorstandsvorsitzende der Bundesarbeitsgemeinschaft Werkstätten für behinderte Menschen, Martin Berg, fest. Die Arbeitsgemeinschaft richtet die Deutschen Meisterschaften mit aus.

Jedes Bundesland stellt ein Team

15 Herrenmannschaften und fünf Frauenmannschaften kämpfen bei den Deutschen Meisterschaften der Werkstätten für behinderte Menschen um den Titel | Bildquelle: Julian Schildheuer

Mittlerweile ist es die 23. Ausgabe des Turniers. In der Sportschule Wedau herrschen dafür gute Bedingungen, erklärt Hellweg-Trainer Krupka: "Das hier ist ein echtes Highlight. Die Jungs schlafen im Hotel, bekommen Frühstück und spielen unter professionellen Bedingungen um die Deutsche Meisterschaft."

Das Turnier wird auch vom DFB gefördert. Neben Bundestagspräsidentin Bärbel Bas und Europameister-Trainer Otto Rehagel war deshalb auch DFB-Präsident Bernd Neuendorf bei der Eröffnung dabei. 15 Männer-Mannschaften und fünf Frauenteams begrüßte er am Montag (19. August) in der Sportschule Wedau. Bei den Männern hatte sich pro Bundesland der jeweilige Landesmeister qualifiziert, ein Team musste aber absagen.

Sportliche Betätigung gehört zum Inklusionsgedanken

"Es ist die Aufgabe von Behindertenwerkstätten, nicht nur Arbeitsperspektiven für Menschen mit Behinderungen zu schaffen, sondern auch den Freizeitbereich abzudecken. Das hat sich in den letzten Jahren weiterentwickelt. Freizeit-Fußballmannschaften und Turniere wie diese lösen so langsam Sportlehrer in den Werkstätten ab", erklärt Martin Berg.

Das gehört zum Inklusionsgedanken der Werkstätten. Mittlerweile machen auch fünf Frauenmannschaften mit. "Mein Traum ist, dass jedes Bundesland bald auch jeweils eine Frauenmannschaft stellt", hofft Martin Berg auf ein noch größeres Frauenturnier.

Klares 7:1 gegen Team aus Rheinland-Pfalz

Sowohl bei den Frauen als auch bei den Männern kämpfen die Mannschaften um jeden Zentimeter Rasen. Die Hellweg-Werkstätten aus Kamen setzen sich in ihrem zweiten Spiel gegen den VfB Weißwasser aus Sachsen durch. Stürmer und Spielführer Tolgar ist mit drei Toren und einer Vorlage der Matchwinner. Und das weiß er auch: „Das waren super Tore! Den Ball mit dem Körper abgeschirmt und reingehauen.

Ein breites Grinsen kann und will er sich nicht verkneifen. Und das Grinsen wird noch breiter. Denn bei der ersten Turnierteilnahme erreichen die Hellweg-Werkstätten schließlich den fünften Platz. Im Spiel um Platz fünf setzt sich Hellweg mit 7:1 gegen die Priminiuswerkstätten aus Rheinland-Pfalz durch. "Das ist ein riesiger Erfolg", freut sich Kamen-Trainer Achim Krupka und jubelt mit seiner Mannschaft.

Berlin und Schleswig-Holstein triumphieren

Das Finale der Frauen bestritten die Landesauswahl aus Schleswig-Holstein und das Team der Hephata Stiftung aus Mönchengladbach in NRW | Bildquelle: Julian Schildheuer

Große Freude gibt es anschließend auch bei den Berliner Werkstätten. Bei ihrer 16. Teilnahme gewinnen sie zum insgesamt fünften Mal den Titel. Bei den Frauen geht die Meisterschale in diesem Jahr nach Schleswig-Holstein.

Unsere Quellen:

  • WDR-Reporter vor Ort