Zeitreise-Hotels: Übernachten wie in den 60ern und 70ern

Stand: 12.07.2023, 19:32 Uhr

Es gibt sie immer häufiger: Retro-Hotels. Dort soll das Design den Gast mitnehmen auf eine Zeitreise in die Vergangenheit. In Bonn gibt es gleich mehrere davon.

Von Arnd Güttgemanns

Das "Tante Alma Hotel" in Poppelsdorf hat im Sommer 2021 eröffnet. Hier leben die kitschigen 60er und 70er wieder auf: orange Plüsch-Sofas, überall Blumenkissen aus der Hippie-Zeit, Lampenschirme in grellen Farben und ein funktionierender Flipper-Automat.  So soll das Wohnzimmer der fiktiven Namensgeberin "Tante Alma" ausgesehen haben, bei der man als Verwandtschaft gerne übernachtete.

Ein zweites Leben für alte Möbel

Das "Tante Alma Hotel" in Bonn | Bildquelle: WDR

Alles stammt original aus der Zeit und ist nicht nur auf alt gemacht: Egal ob Tee-Service oder Retro-Kissen. Das Konzept soll nachhaltig sein, weil keine neue Hoteleinrichtung nach Design-Katalog verbaut wurde. Stattdessen bekommen alte Möbel ein neues Leben im Hotel.

Geschäftsführer Marc Schlieper erzählt, dass viele der Möbel vom Flohmarkt stammen oder von Wohnungsauflösungen. Das Projekt wurde in einer Bonner Bestandsimmobilie realisiert - auch das ist für Schlieper ein Schritt im Sinne der Nachhaltigkeit.

"Die Einrichtung erinnert mich so an meine Kindheit. Wir haben uns gleich wie zuhause gefühlt!" Ursula Sturm, Gast

Aber Nachhaltigkeit hin oder her: Wichtig ist natürlich zunächst einmal, dass das Konzept bei den Gästen gut ankommt. Und das scheint zu klappen. Ursula Sturm ist eine von ihnen. Sie hat das Hotel durch Zufall gefunden. "Die Einrichtung erinnert mich so an meine Kindheit, mit den Kissen, mit den Decken: Das haben wir früher alles selber gemacht. Und wir haben uns gleich wie zu Hause gefühlt!"

Auch andere Hotels folgen dem Trend

Das Retro-Konzept funktioniert auch in anderen Städten. Jahrzehnte lang war das "Park-Hotel" am Godesberger-Kurpark eine beliebte Adresse für Diplomaten der Bonner Republik. Seit letztem Herbst heißt es "tinyTwice" und auch dort setzen die Betreiber auf den Charme des Altmodischen.

In der Lobby steht eine gelbe Telefonzelle, überall finden sich Schreibmaschinen, Schnurtelefone mit Wählscheibe, es gibt historische Briefkästen vor jeder Zimmertür und als Tapete dienen Briefmarken und Telefonbuchseiten.

Bonn als Sitz der Post und Telekom

Wer hier ein Zimmer bucht, macht eine Zeitreise in die "Geschichte der Telekommunikation". Der Gedanke dahinter: Die Deutsche Post und die Telekom prägen seit jeher das Stadt-Bild von Bonn. Und nun auch das Ambiente des Hotels.

Die Theke im Foyer ist mit Briefmarken beklebt | Bildquelle: WDR

Hoteldirektorin Karen Sündermann erzählt, dass viele der Vintage-Möbel von Bonner Bürgern nach einem Zeitungsaufruf gespendet wurden. Inzwischen seien einige der Spender ins Hotel gekommen, nur um ihre Gegenstände in der Einrichtung zu suchen und sich stolz davor zu fotografieren.

Sehnsucht nach alten Zeiten

Es sieht so aus, als bedienten die Retro-Hotels ein bisschen die Sehnsucht nach einer heilen Welt - auch wenn dahinter natürlich keine alten Tanten sondern Hotelketten stecken. Die Gäste fühlen sich wohl.

"Ich habe das per Zufall gebucht und war sofort begeistert. Man kann die Möbel ja fast schon Ausstellungsstücke nennen. Das ist ja fast ein Museum hier", so ein Gast im "tinyTwice".

Die Gäste sollen in Erinnerungen schwelgen, vielleicht an eine schöne Kindheit damals. Und sie können vielleicht vertraute Einrichtungsgegenstände wiederentdecken, die es heute im Möbelhaus nicht mehr gibt.