125 Jahre Wuppertaler Stadthalle Lokalzeit Bergisches Land 27.01.2025 04:58 Min. Verfügbar bis 27.01.2027 WDR Von Benny Degen

125 Jahre Historische Stadthalle Wuppertal

Stand: 27.01.2025, 20:49 Uhr

Die "Gute Stube" Wuppertals blickt zum 125. Jubiläum zurück auf eine bewegte Geschichte.

Von Benny Degen

Zur Jahrhundertwende 1900 gibt es noch kein Wuppertal. Die späteren Stadtteile wie Barmen oder Elberfeld sind zu dieser Zeit noch eigenständige Städte – und somit auch Rivalen. Die Stadt Barmen etwa besitzt bereits eine Stadthalle, oberhalb der Bergbahn, in den Barmer Anlagen.

Auch Elberfeld möchte ein Gebäude haben, das den Stolz der Stadt repräsentiert. So wird im Jahr 1900 die Elberfelder Stadthalle ganz oben auf dem Johannisberg eröffnet. Zur Feier gibt es ein Konzert unter Leitung des Dirigenten Richard Strauss.

Die Stadthalle, die zunächst ausschließlich für Konzerte gedacht ist, erfüllt ihren Zweck der Repräsentanz von Anfang an. Reiche Elberfelder Bürger spenden die Fliesen für die großen Majoliken "Die Gaben der Erde" und "Die Gaben des Meeres", die noch heute zu bewundern sind.

Anfangs dient die Stadthalle ausschließlich als Konzertsaal

Das "Schmuckstück" Wuppertals wurde auch auf vielen Postkarten verewigt. | Bildquelle: Stadtarchiv Wuppertal / Unbekannt

Um diese Kunstwerke in die Säle integrieren zu können, werden extra noch einmal die Baupläne geändert. In den Folgejahren gibt die Stadt Elberfeld diverse Postkarten mit Abbildungen der Stadthalle heraus. Die Stadthalle ist von Anfang an Heimat der bedeutendsten Musik. 1912 wird hier zu Ehren des ein Jahr vorher verstorbenen Gustav Mahler dessen 8. Sinfonie aufgeführt, 1927 die 9. Sinfonie Ludwig van Beethovens zu dessen 100. Todestag.

Nachdem sie im Krieg kurzzeitig als Bunker, Lazarett und Leichenhalle dienen muss, erklingen ab 1945 die Johannes Passion von Johann Sebastian Bach und die Ode an die Freude von Beethoven in der Stadthalle.

Hervorragende Akustik im großen Saal

Die musikalische Bedeutung der Stadthalle ist heute noch zu spüren. Laut einer finnischen Studie von 2013 gehört der große Saal zu den Konzertsälen mit der besten Akustik in Europa. Auch Stardirigent Sir Simon Rattle hatte sich kurz vorher lobend dazu eingelassen.

Dies ist auch der Grund, warum es Weltstars nach Wuppertal zieht. Als 2024 Lang Lang ein Konzert in NRW gab, wünschte er sich ausdrücklich, das in der Stadthalle zu tun – wegen der berühmten Akustik. 2024 wird erneut die 9. Sinfonie von Beethoven zum 200-jährigen Jubiläum der Uraufführung in der Stadthalle gespielt.

Ort für diverse Veranstaltungen

Mitten in den Trümmern steht die Stadthalle noch - kaum beschädigt. | Bildquelle: Stadtarchiv Wuppertal / Unbekannt

Als eines der wenigen Gebäude wird sie bei den Bombenangriffen auf Elberfeld so gut wie nicht zerstört. Ab der Nachkriegszeit wird das Wahrzeichen zur Mehrzweckhalle. Hier finden nun beispielsweise Messen statt, eine Meisterschaft im Modellauto-Rennsport, die Prinzenprokalamation im Wuppertaler Karneval, oder ein internationales Freundschaftsfest für Menschen mit Migrationshintergrund.

Im ehemaligen Gerätehäuschen im Garten findet sich heute das kleinste Standesamt Elberfelds – mit Platz für das Brautpaar, einen Standesbeamten und zwei Trauzeugen. Mittlerweile ein beliebter Ort zum Heiraten.

Auch die Politik erkennt den Wert der Stadthalle: 1953 gründet Gustav Heinemann hier seine Gesamtdeutsche Volkspartei, wobei auch Johannes Rau zugegen ist. Der wird später ebenfalls in der Stadthalle aus der Politik verabschiedet. 1966 findet der Städtetag von NRW im großen Saal statt.

2015 besucht Bundeskanzlerin Angela Merkel die Stadt an der Wupper – und spricht natürlich im großen Saal der Stadthalle. Ab 2020 werden die Plenarsitzungen des Wuppertaler Stadtrates aufgrund der Corona-Regeln hier im großen Saal abgehalten.

Späte Wiederanbringung jüdischer Künstlernamen

Immer wieder gibt es Umbauten und Sanierungen an der Stadthalle. Nachdem in den 30ern und 50er-Jahren Stuck und runde Säulen verschwinden, wird bei der Restaurierung in den 90er-Jahren darauf geachtet, dass sich die Optik wieder am Originaldesign orientiert – bis hin zur Beleuchtung.

2016 wird Dethlef Muthmann, ein Unternehmer aus Haan, im Büro der Geschäftsführung vorstellig. Er berichtet, er habe als kleiner Junge von seiner Mutter immer die Künstler erklärt bekommen, deren Namen an der Fassade der Stadthalle angebracht waren. Unter anderem Mendelssohn habe ihn dabei sehr beeindruckt.

Mitte der 30er-Jahre sei ihm dann aber aufgefallen, dass einige Namen verschwunden waren: Und zwar die der jüdischen Künstler. So wie Mendelssohn. Laut Augenzeugenberichten waren diese unter den Nazis von der Fassade entfernt worden.

Muthmann bittet darum, eine Wiederanbringung der Namen finanzieren zu dürfen. Unter der Bedingung, dass der Name Mendelssohn wieder dort erscheint, wo er ihn früher schon beeindruckt hatte, nämlich an der Ostfassade.

"Die Bedeutung hat sich nie geändert"

Die Aktion wird in die Tat umgesetzt – heute finden sich neben Schiller, Goethe oder Beethoven auch wieder Meyerbeer, Offenbach und Mendelssohn auf der Fassade wieder. Zusätzlich werden einige der Säle, die vorher nach Farben benannt waren, nach jüdischen Künstlern umbenannt.

Die Stadthalle - bis heute ein Aushängeschild Wuppertals | Bildquelle: Stadtarchiv Wuppertal / Unbekannt

Die Historische Stadthalle – eines der Wahrzeichen der Stadt, "die gute Stube Wuppertals" – wird 125 Jahre alt. Mit einem umfangreichen Programm wird das Jubiläum begangen. Denn: "Die Bedeutung hat sich eigentlich nie verändert", erklärt Geschäftsführerin Silke Asbeck.

"Nach wie vor ist die Stadthalle ein Aushängeschild – jetzt eben nicht nur für Elberfeld sondern für Wuppertal. Und es ist für die Leute etwas ganz Besonderes, wenn sie zu einer Veranstaltung in die Stadthalle kommen." Wir sagen: Herzlichen Glückwunsch, und auf weitere 125 Jahre!

Unsere Quellen:

  • Stadtarchiv Wuppertal
  • Historische Stadthalle Wuppertal
  • Archiv der Historischen Stadthalle Wuppertal
  • Interviews mit der heutigen und ehemaligen Geschäftsführung der Historischen Stadthalle Wuppertal
  • Recherchen im Auftrag der Begegnungsstätte Alte Synagoge
  • Archiv des WDR
  • Pressematerial der Historischen Stadthalle Wuppertal zum 125. Jubiläum