Arbeiten, wenn andere frei haben: Das ist für Niklas Lauterbach kein Problem. Der Mitarbeiter einer Sicherheitsfírma arbeitet seit Anfang Mai im Freibad Vohwinkel. Unter der Woche steht er ab 12 Uhr am Beckenrand, am Wochenende ab 10 Uhr.
"Es ist wie Urlaub", sagt der 24-jährige. "Man ist den ganzen Tag in der Sonne." Natürlich habe man Verantwortung, aber meistens gehe es ja, wenn man die Leute anfangs erzogen habe. "Die Gäste an dem Tag kennen dann die Regeln und dann läuft es auch", sagt Lauterbach.
Streitschlichter am Beckenrand
Etwa zehn Minuten später sprintet er quer durch die Anlage auf die Liegewiese. Zwei Gruppen von Jugendlichen prügeln sich. Sofort sind alle zur Stelle: Niklas Lauterbach, ein Kollege und mehrere Ehrenamtliche, die das Freibach Vohwinkel am Laufen halten.
Gleichzeitig muss geschaut werden, dass das Schwimmbecken nicht ohne Aufsicht ist. Die Gruppen werden getrennt und vier Jugendliche müssen das Freibad verlassen. Lauterbach entscheidet, nur eine Gruppe aus dem Schwimmbad zu schicken. "Sonst geht es draußen gleich weiter", sagt er.
Die Polizei kommt, weil Messer im Spiel sind
Doch es ist nur kurz ruhig. Ein Mann, der mit seiner Familie auf der Wiese sitzt, meldet sich bei Lauterbach. Die verbliebenen sechs Jugendlichen hätten Messer dabei. Damit ist es ein Fall für die Polizei. Lauterbach darf die Badegäste nicht durchsuchen.
Während die Betreiber des Freibades auf die Einsatzkräfte warten, positionieren sich Lauterbach und mehrere Ehrenamtliche in der Nähe der Gruppe. Die Atmosphäre entspannt sich erst etwas, als zwei Polizisten eintreffen. Sie finden zwei Messer bei den Jugendlichen. Zwei weitere Kollegen kommen, um die Jungs abzuführen.
Hohe Verantwortung, schlechte Bezahlung
Konflikte am Beckenrand sind aber nur einer von vielen Gründen, warum immer weniger Menschen Schwimmmeister werden wollen oder sich ehrenamtlich engagieren. "Die Arbeitszeiten sind für viele Menschen ungünstig", sagt Reinhard Nowak vom Bundesverband Deutscher Schwimmmeister. Zudem müsste die Bezahlung für die Veranwtortung besser sein. "Man muss dafür sorgen, dass keiner ertrinkt", sagt er. Damit stehe man mit einem Bein quasi immer im Gefängnis.
Der Nachwuchs fehle, weil viele Kommunen nicht mehr ausbilden. Hinzu komme, dass weibliche Rettungsschwimmerinnen "echte Probleme" hätten. Denn in anderen Kulturen seien Frauen nicht gleichberechtigt und ihre Ansagen würden ignoriert.
Wenige Freibäder in Wuppertal
Das Freibad Vohwinkel ist eins von drei Freibädern in Wuppertal, die aktuell geöffnet sind. Alle drei werden von Vereinen betrieben. Das städtische Bad Mählersbeck wird umgebaut und soll nach Angaben der Stadt 2024 wieder öffnen.
Damit wird auch klar, warum sich Ehrenamtliche wie der Vorstand Torsten Langewiesche im Freibad engagieren. "Selbst wenn man keine Lust mehr hat, sagen die Leute in Vohwinkel, ist das gut, dass ihr weitermacht", erzählt Langewiesche. "Für Jugendliche gibt es nicht mehr so viel in unserem Stadtteil", sagt der ehrenamtliche Rettungsschwimmer Tobias Müller.
Rettungsschwimmer und Security in einem
Um den Betrieb im Freibad Vohwinkel aufrecht zu erhalten, investiert der Verein in diesem Jahr Geld. Es werden Securityleute angemietet, die zugleich Rettungsschwimmer sind. "Damit schlagen wir zwei Fliegen mit einer Klappe", sagt Langewiesche mit Blick auf Vorfälle mit randlierenden Gästen in den vergangenen Jahren.
Die Stadt unterstützt den Verein finanziell. Das wird auf Dauer aber nicht reichen. Und so wird sich auch in der kommenden Saison die Frage stellen, wer den Dienst am Beckenrand übernehmen wird.
Zu wenig Schwimmmeister - und mehr Handgreiflichkeiten
Wie der Bundesverband Deutscher Schwimmmeister (BDS) am Samstag mitteilte, werden in NRW gerade etwa 160 Menschen zum Schwimmmeister ausgebildet. Das sei für den Bedarf deutlich zu wenig, heißt es. Bundesweit fehlen laut Verband mindestens 3.000 Schwimmmeister und ebenso viele Saisonkräfte. Auch das Thema Sicherheit beschäftigt den Verband. "Die Wertschätzung uns gegenüber nimmt ab, der Respekt ist einfach nicht mehr so wie früher", sagt Peter Harzheim, der Präsident des BDS. Er wünscht sich mehr Unterstützung von den Kommunen. Die Bäder gelten als "freiwillige Aufgaben". Dort werde als erstes gespart, so Harzheim. Außerdem gebe es zu wenig Ausbildungsplätze.