Gutachterin: Nach dem Säureangriff drohte Manager zu erblinden

Stand: 15.07.2022, 16:03 Uhr

Vor mehr als vier Jahren wurde der Manager Bernhard Günther mit Schwefelsäure überschüttet. Die Rechtsmedizinerin, die ihn damals untersuchte, hat im Prozess ausgesagt.

Von Wolfram Lumpe

Im Prozess um den Säure-Angriff auf den Manager Bernhard Günther hat eine Rechtsmedizinerinnen ausgesagt. Sie hatte den 55-Jährigen nach der Säure-Attacke im März 2018 untersucht. Zwei Männer hatten ihn mit konzentrierter Schwefelsäure übergossen.

Medizinerin: Erblindung war nicht auszuschließen

Direkt nach dem Attentat sei eine Erblindung Günthers nicht auszuschließen gewesen. Auch habe durch Entzündungen oder  eine Blutvergiftung akute Lebensgefahr entstehen können. Bernhard Günther ist inzwischen genesen, aber dauerhaft entstellt. Er soll am nächsten Verhandlungstag  aussagen.

Seit dem Anschlag sei sein Leben nicht mehr dasselbe, sagt Günther beim Prozessbeginn Ende Juni. Er erhoffe er sich Aufklärung sowie Ruhe und Frieden für seine Familie.

Angeklagter schweigt zu Vorwürfen

Der Angeklagte, ein 42-Jähriger Belgier, will sich zu Prozessbeginn nur zu seiner Person äußern. Das nutzt die Staatsanwaltschaft, um nach Besuchen in Deutschland zu fragen. Ja, vornehmlich in Bordellen im Rheinland sei er gewesen und habe freundschaftliche Kontakte zu ehemaligen Prostituierten. Zu Rocker-Clubs habe er keinen Kontakt, beantwortet er eine entsprechende Frage. Hintergrund dafür dürfte sein, dass die Zeitschrift "Focus" nach der Tat behauptet hatte, die Säure-Angreifer stammten aus dem Rocker-Milieu.

Richter: Beweislage ist klar

Der Angeklagte mit Verteidiger und Dolmetscherin | Bildquelle: Lumpe

Der Vorsitzende Richter wendet sich mit überraschend klaren Worten an den Angeklagten. Die Beweislage spreche klar und eindeutig für seine Täterschaft: "Die DNA-Spuren: Es gibt fünf Stück. Direkt am Tatort und auch in einem bei der Tat benutzten Handschuh". Außerdem belaste ihn ein anonymer Hinweisgeber schwer. Der Nebenklage-Anwalt von Bernhard Günther schloss sich mit einem Appell an: "Die Tat ist ein Vorgang, wie er in der deutschen Wirtschaft noch nicht stattgefunden hat. Es ist wichtig herauszufinden, wer das initiiert hat. Würden Sie Ross und Reiter nennen, wäre das auch ein Stück weit Wiedergutmachung für Bernhard Günther und seine Familie". Einem bei einem Geständnis zu erwartenden hohen Strafrabatt werde die Nebenklage dann zustimmen.      

Schwere Verätzungen am ganzen Körper

Die Spuren der Attacke vom März 2018 trägt Günther seit der Tat unübersehbar im Gesicht. Er erlitt am ganzen Körper schwere Verätzungen und musste sich mehreren Operationen unterziehen, weitere stehen an. Die beiden Täter hatten ihn beim Joggen überfallen und mit Schwefelsäure überschüttet. Der heute 55-Jährige ist mit einem Anwalt Nebenkläger im Prozess. 

Viele Fragezeichen 

Ein bis heute mysteriöser Fall: Die Ermittlungen ziehen sich lange hin, die Staatsanwaltschaft stellt sie zwischenzeitlich sogar ein. Auch die von Innogy ausgelobten 100.000 Euro als Belohnung für Hinweise bringen zunächst keinen Erfolg. 2019 wird dann ein Verdächtiger festgenommen, wegen nicht ausreichender Beweise aber schon bald wieder freigelassen. 

Festnahme in Belgien

Ende vergangenen Jahres aber klicken die Handschellen in Belgien. In der Provinz Limburg wird ein heute 42 Jahre alter Mann gefasst, dessen DNA nach Aussage der Ermittler am Tatort gefunden worden war.

Prozess muss viele Fragen beantworten

Polizei-Streifenwagen vor dem Landgericht Wuppertal | Bildquelle: wdr

Der Erwartungsdruck zu Prozessbeginn ist groß, eben weil es viele Fragezeichen gibt. Am ersten von insgesamt acht Verhandlungstagen sollen Ermittler der Polizei aussagen. Der DNA-Sachverständige steht mit seinen Erkenntnissen ebenfalls auf dem Zeugenplan. Den mutmaßlichen Attentäter erwarten bei einer Verurteilung zwischen drei und 15 Jahre Haft.