Schumacher-Prozess: Urteil auf Februar verlegt 03:06 Min. Verfügbar bis 22.01.2027

Schumacher-Prozess: Urteil auf Februar verlegt

Stand: 22.01.2025, 17:25 Uhr

Im Prozess um die Erpressung der Familie Schumacher hat die Managerin der früheren Rennsportlegende erneut als Zeugin ausgesagt.

Von Antonia Rüller

Heute wurde der Prozess um die gescheiterte Erpressung der Familie von Michael Schumacher vor dem Amtsgericht Wuppertal fortgesetzt. Es geht um hunderte von Fotos und Videos der Schumachers, die die Angeklagten in ihren Besitz gebracht haben sollen. Vor dem Amtsgericht Wuppertal sind drei Männer im Alter von 30 bis 53 Jahren angeklagt. Vater und Sohn aus Wuppertal und ein Mann aus Wülfrath.

15 Millionen Euro gefordert

Laut Anklage forderten sie 15 Millionen Euro von der Familie Schumacher und drohten, die Daten andernfalls im Darknet zu veröffentlichen. Nach Angaben der Staatsanwaltschaft waren 900 Bilder und fast 600 Videos der Familie sowie die digitalisierte Krankenakte von Michael Schumacher sichergestellt. Michael Schumacher wird nach seinem schweren Ski-Unfall 2013 von seiner Familie und deren Mitarbeitern von der Öffentlichkeit abgeschirmt. Er hatte eine schwere Kopfverletzung erlitten und benötigt seitdem pflegerische Hilfe.

Der Prozesstag am Mittwoch sollte weitere offene Fragen klären. Im Mittelpunkt steht dabei auch eine erneute Aussage der langjährigen Managerin des ehemaligen Formel-1-Weltmeisters, Sabine Kehm. Außerdem wurden die Anrufe des Hauptangeklagten bei der Familie vor Gericht vorgespielt. Der 53-jährige ehemalige Türsteher hatte vor Gericht bereits gestanden.

Anrufe des Angeklagten im Detail: "Ich bin ein Guter"

Im Mittelpunkt der Verhandlung stehen die Drohanrufe des Hauptangeklagten aus Wuppertal, die im Gericht abgespielt wurden. In einem Anruf fordert der Angeklagte die Herausgabe einer E-Mail-Adresse: "Sagen Sie mir Ihre Mail-Adresse", sagt er. Diese notierte der Hauptangeklagte und nach mehrmaligen Rückfragen und kündigte er einen weiteren Anruf in wenigen Tagen an. Die Verhandlung drehte sich anschließend um den weiteren Verlauf der Telefonate. Der Sohn des Wuppertaler Angeklagten lächelte währenddessen amüsiert, während die Staatsanwaltschaft deutlich angespannt wirkte.

Wenige Tage später beim nächsten Drohanruf versuchte der Angeklagte, den Eindruck einer Erpressung zu zerstreuen. "Es ist keine Erpressung. Wenn Sie das Gefühl haben, dann legen Sie auf. Dann hören Sie nie wieder was von mir", sagte er. Er erklärte weiter, dass er ein "sauberes Geschäft“ machen wolle und geplant habe, die Gegenstände mit einem Vertrag und unter Beisein eines Anwalts zu übergeben. Es solle sich bei den 15 Millionen eher um eine "Vermittlungsgebühr" handeln, so der Angeklagte. Die Staatsanwaltschaft sieht in seinem Vorgehen eine klare Erpressung.

In einem weiteren Gespräch zwischen dem Hauptangeklagten und der Sekretärin der Schumacher-Familie, das vor Gericht ebenfalls abgespielt wurde, betonte der Angeklagte mehrfach, dass er "ein Guter" sei, und es "wirklich gut meine". Er erklärte, dass er "sauber aus der Sache raus" wolle und bereit sei, die Namen der Personen zu nennen, von denen er die sensiblen Daten erhalten habe.

Motiv: Schulden beim Finanzamt?

Der Hauptangeklagte mit seinem Anwalt | Bildquelle: WDR

Der Hauptangeklagte hat nach Angaben der Verteidigung erhebliche finanzielle Schwierigkeiten. Besonders hoch seien seine Schulden beim Finanzamt. Zudem sei seine gesundheitliche Lage angespannt: Er habe in den Jahren 2017 und 2018 jeweils Herzinfarkte erlitten und müsse seitdem täglich Medikamente einnehmen.

Angeklagter stellte klare Bedingungen

Bei der ersten Transaktion sollte ein Vertrag übergeben werden, der festlegt, dass keine Kopien der Daten existieren und nur die beiden Festplatten ausgehändigt würden. Ohne Vertrag drohte er: "Dann sage ich: Viel Glück, dann gebe ich das demjenigen und halte mich raus." Er betonte außerdem, dass er "noch zwei, drei Wochen Zeit" habe, bevor die Daten an die ursprüngliche Quelle zurückgegeben werden müssten. Abschließend sicherte die Sekretärin der Schumachers zu: "Ich spreche mit der Familie."

Schumacher-Managerin erneut im Zeugenstand

Eigentlich sollte Managerin Sabine Kehm direkt zu Beginn des Verhandlungstages aussagen. Doch der Verteidiger des Wülfrathers, Harald Beeninghoven, sprach sich entschieden gegen die erneute Befragung der Zeugin aus. Er argumentierte, dass ihre Aussage nicht relevant für die Verteidigung seines Mandanten sei. Dies führte zu einer Beratung durch die Richterin und die Schöffen. Der Beschluss fiel schließlich zugunsten der Befragung: Kehm soll zu den Beweisfragen hinsichtlich der Abläufe der Digitalisierung und des Computers der Pflegekräfte gehört werden.

Kehm: Fotos entstanden parallel zum Nachtdienst des Pflegepersonals

Kehm erklärte in ihrer Aussage, dass die Digitalisierung der Fotos parallel zum Nachtdienst des Pflegepersonals durchgeführt wurde. Sie betonte, dass diese Arbeiten ausschließlich auf dem privaten Gelände der Schumachers stattfanden – ein Arbeiten außerhalb des Grundstücks sei für sie völlig ausgeschlossen. Laut Kehm wurde die Digitalisierung so organisiert, dass sie problemlos während der ruhigen Nachtstunden erfolgen konnte.

Kehm erläuterte weiter, dass die Unterlagen zur Pflege sowohl schriftlich als auch digital erfasst wurden. Der Pflegecomputer wurde ausschließlich vom Pflegepersonal genutzt, und alle Fotos von Michael Schumacher wurden mit einem speziellen Pflegehandy aufgenommen. Private Handys mussten an der Grundstücksgrenze abgegeben werden, um die Privatsphäre der Familie zu schützen.

Krankenschwester: Opfer von Verbrechen?

Im Verlauf der Verhandlung kamen Vorwürfe des Verteidigers Benninghoven auf, dass die Krankenschwester 2019 auf dem Gelände der Familie Schumacher Opfer einer Vergewaltigung geworden sei. Dies soll laut einem Anwalt aus der Schweiz Gegenstand eines separaten Verfahrens sein. Sabine Kehm reagierte empört auf die Aussagen der Verteidigung und betonte: "Sie haben dafür gesorgt, dass das jeder weiß. Wir haben damit nichts zu tun." Sie wies zudem darauf hin, dass die Familie Schumacher in keinem Zusammenhang mit dem Verfahren stehe.

Wülfrather half bei technischen Problemen

Auch die technischen Abläufe wurden angesprochen: Der angeklagte Wülfrather, der als technikaffin gilt, wurde gelegentlich vom Pflegepersonal hinzugezogen, um etwa das Passwort zu ändern oder den Pflegecomputer auszutauschen. Kehm erklärte, dass diese Maßnahmen aus mehreren Gründen notwendig wurden, ohne jedoch Details zu nennen. Ein weiteres Thema war die Organisation der Sicherheitsmitarbeiter. Diese waren in einem separaten Gebäude untergebracht und verwalteten sich laut Kehm selbst. Sie hätten sich untereinander abgesprochen, und sich gegenseitig die Schlüssel übergeben.

Fortsetzung Mitte Februar

Das öffentliche Interesse an dem Fall bleibt groß, während die Frage nach den Hintergründen und Motiven der mutmaßlichen Täter weiter ungeklärt ist. Der Prozess wird am 12.2.2025 fortgesetzt. Dann gibt es möglicherweise die Plädoyers und das Urteil.

Unsere Quellen:

  • Amtsgericht Wuppertal
  • Staatsanwaltschaft Wuppertal
  • Reporter vor Ort
  • Nachrichtenagentur dpa

Über dieses Thema berichten wir am 22.01.2025 auch im WDR Fernsehen: Lokalzeit Bergisches Land, 19.30 Uhr und im Hörfunk auf WDR 2.