Die Frau war wegen fahrlässiger Tötung und unterlassener Hilfeleistung zu zwei Jahren Haft auf Bewährung verurteilt worden. Die Staatsanwaltschaft hatte eine höhere Strafe wegen versuchten Mordes durch Unterlassen gefordert.
Das Kölner Landgericht ist der Auffassung, dass die 52 Jahre alte Apothekerin unabsichtlich eine giftige Substanz in einen Glukosebehälter geschüttet hatte, weil sie aufräumen wollte. Sollte die Staatsanwaltschaft an ihrer Revision festhalten, wird der Bundesgerichtshof in Karlsruhe den Fall erneut prüfen. Auch die Verteidigung hat gegen das Urteil Beschwerde eingelegt. Bereits nach der Verkündung kritisierten sie die Entscheidung als "rechtsfehlerhaft und unzutreffend".
In dem Fall hatte eine 28-jährige schwangere Frau im September 2019 für einen Diabetes-Test Glukose in der Apotheke der Angeklagten gekauft und eingenommen. Das Mittel war aber mit einem Betäubungsmittel versetzt. Die Frau und ihr per Notkaiserschnitt zur Welt gekommenes Kind starben. In der Apotheke sind die Substanzen offensichtlich verwechselt worden, weil sie in sehr ähnlichen Behältern gelagert wurden.
Gegen anerkannte Regeln des Berufs verstoßen
In der Verhandlung betonte die Vorsitzende Richterin, die Geschäftsführerin der Apotheke habe gegen "allgemein anerkannte Regeln ihres Berufs" verstoßen. Sie habe "beim Ordnung schaffen" einen Rest des Betäubungsmittels Lidocainhydrochlorid, den sie für Glukose gehalten habe, in ein identisch aussehendes Gefäß mit Glukose umgeschüttet. Dabei gelte in der Pharmazie das "Zusammenschütten von Substanzen aus zwei Gefäßen" als "absolutes No Go".
Staatsanwaltschaft hatte zweieinhalb Jahre Haft gefordert
Die Staatsanwaltschaft hatte in ihrem Plädoyer zweieinhalb Jahre Haft für die Apothekerin wegen versuchten Mordes gefordert. Es ging darum, dass die Frau aus Sicht der Anklage zu einem bestimmten Zeitpunkt wusste, mit welcher toxischen Substanz - dem Betäubungsmittels Lidocainhydrochlorid - die Glukose verunreinigt war. Sie habe aber den behandelnden Ärzten keine Informationen darüber gegeben, so der Vorwurf. Diesen Punkt bestätigt das Gericht in seinem Urteil, sah darin allerdings "nur" eine unterlassene Hilfeleistung.
75 000 Euro Schadensersatz und 20 000 Euro an Kinderintensivstation
Die Verteidiger der Angeklagten hatten auf Freispruch plädiert. Die 52-Jährige hatte im Prozess den Tod der Frau und ihres Babys bedauert, ein schuldhaftes Verhalten jedoch von sich gewiesen.
Laut Urteil hat die Angeklagte an die Hinterbliebenen der Verstorbenen bereits insgesamt 75 000 Euro für Schadenersatz und Anwaltskosten gezahlt. Als Bewährungsauflage für die 52-Jährige setzte das Gericht zudem eine Zahlung von 20 000 Euro an die Kinderintensivstation der Kölner Uniklinik fest.