Deutschsprachige Belgier wünschen sich mehr Unabhängigkeit

Stand: 22.03.2023, 09:26 Uhr

Die Menschen in der deutschsprachigen Gemeinschaft Ostbelgiens geht es gut. Zu diesem Ergebnis kommt eine repräsentative Umfrage des Meinungsforschungsinstituts INFO.

Von Karin Schneider

Die 1.000 teilnehmenden Ostbelgier zeigen sich in der Befragung glücklich mit Dingen wie ihrer Wohnsituation oder ihrem Arbeits- und Lebensstandard. Die deutschsprachige Gemeinschaft umfasst insgesamt etwa 80.000 Einwohner im Osten von Belgien, nahe der deutschen Grenze.

Wenig politisches Interesse, Wunsch nach Eigenständigkeit

Das politische Interesse unter den Ostbelgiern ist mit 40 Prozent deutlich niedriger als in Deutschland, sagte ein Sprecher des Meinungsforschungsinstituts INFO.

Auf lokaler politischer Ebene wünschen sich die Ostbelgier mehr Eigenständigkeit. Mehr als die Hälfte verlangt die Unabhängigkeit von der Wallonie, die heute beispielsweise noch für viele Sektoren der Infrastruktur zuständig ist. Andere Bereiche werden von der deutschsprachigen Gemeinschaft selbst verwaltet.

Wirtschaftliche Entwicklung macht Sorgen

Sorgen bereiten die wirtschaftlichen Perspektiven. Hier sehen 30 Prozent der Ostbelgier die Zukunft pessimistisch, das sind ganze 18 Prozentpunkte mehr als noch vier Jahre zuvor.

Auch die aktuelle Energiekrise bereitet vielen Menschen Kopfschmerzen: 90 Prozent der Ostbelgier fordern eine Energiepreisdeckelung, fast ebenso viele wollen aber auch selbst tätig werden und Energie einsparen.

Viele Wünsche: Verkehr, Bildung, Klima, Integration…

An erster Stelle wünschen sich die Ostbelgier bessere Straßen, mehr Fahrradwege und einen Ausbau des öffentlichen Nahverkehrs. Verbesserungen in Sachen Bildung und eine Stärkung der deutschen Sprache stehen auf den Plätzen zwei und drei.

Nachholbedarf sehen die Ostbelgier in Sachen Gesundheitsversorgung für ältere und beeinträchtigte Menschen, vor allem in den Eifelgemeinden. Auch beim Klimaschutz müsse mehr getan werden. Viele Befragte bedauern den Fachkräftemangel in Ostbelgien beziehungsweise die Abwanderung vor allem jüngerer Menschen. Mit Zuwanderung hingegen haben mehr als drei Viertel der deutschsprachigen Belgier keine oder keine großen Probleme.

Beliebt: Einkaufen in Deutschland

Zum Einkaufen fahren 51 Prozent der Ostbelgier regelmäßig nach Deutschland, wo beispielsweise Milch- und Hygieneprodukte deutlich billiger sind. Wenn es um größere Anschaffungen geht, fährt ebenfalls mehr als die Hälfte über die Grenze.

Die Studie in Auftrag gegeben hatte die Regierung der deutschsprachigen Gemeinschaft in Eupen. Sie will ihre politische Arbeit in Zukunft an den die Anregungen, Wünschen und der Kritik ihrer Bürger orientieren.