Kunst aus Litfaßsäulen-Plakaten Lokalzeit aus Köln 26.10.2023 Verfügbar bis 26.10.2025 WDR Von Manuela Klein

Coole Kunst aus Litfaßsäulen-Plakaten in Köln

Stand: 26.10.2023, 19:18 Uhr

Die großen Werbeplakate an den Litfaßsäulen sind für die Künstlerin Andrea Wycisk mehr als Papier. Sie macht aus "abgeschälten" Plakaten Kunst.

Von Manuela Klein

Sie wühlt in großen, harten Papierbahnen und fischt immer wieder ein Stück heraus. Andrea Wycisk nutzt alte Plakate von Litfaßsäulen, um daraus Kunst zu machen. Manche Stücke sind dick wie ein altes Telefonbuch und bestehen aus 200 übereinander geklebten Plakaten. Jahrelang haben sie an den Litfaßsäulen gehangen, bevor sie "geschält" werden. Und dann greift Andrea zu.

Noch immer gibt es viele Litfaßsäulen in Köln | Bildquelle: Manuela Klein

„Ich freu mich so, dass ich so viel Material hab, hier allein bei der Dicke, wie viele Schichten da drauf sind. Also ich hab so viel Farb- und Kombinationsmöglichkeiten, das ist ein riesen Schatz."

Kunst aus vergangenen Jahrzehnten

Vor 12 Jahren war sie zufällig dabei, als Mitarbeiter eine dick plakatierte Schicht abnahmen. „Ich habe die Jungs gefragt, ob ich etwas mitnehmen kann. Die haben zwar ein bisschen geguckt, ob ich vielleicht nicht so ganz richtig im Kopf bin, aber ich durfte es mitnehmen.“

Seitdem sind die Plakate ihre Passion. Denn die Unikate nutzt sie, um darauf neue Kunst zu aufzubringen. Mit Schablonen und Farbe sprayt sie verschiedenste Motive auf die teils welligen, teils bunten oder auch schlichten alten Plakate.

Aus den dicken abgelösten Plakaten werden neue Kunstwerke | Bildquelle: Manuela Klein

Ab und an entdeckt sie auch uralte Plakate aus längst vergangenen Zeiten. „Es ist immer, wie einen Schatz zu finden. Alles Kölner Kulturgeschichte. Ich hab auch mal ein Plakat von 1978 gefunden." Und zwar von Weiberfastnacht in Köln 1978.

Heißes Wasser gegen zähen Leim

Um den dicken Plakat-Stücken ihre Geheimnisse zu entlocken, muss die Künstlerin Schicht für Schicht der übereinander geklebten Masse lösen. „Du musst Dir vorstellen, dass dieser Leim richtig klebrig ist. Das sind Litfaßsäulen, die draußen hängen, die müssen ja jedem Wind, Regen, Schnee trotzen, und deswegen musst Du da mit viel Wasser ran.“ Die gelösten Papier-Schichten werden dank Collagen-Technik und Spray in Szene gesetzt.

Preis für Plakat-Kunst

Kunstwerk mit der WDR Maus | Bildquelle: Manuela Klein

Erst diese Woche hat Andrea Wycisk für Ihre Litfaßsäulen-Bilder einen Kölner Stadtteil-Preis gewonnen. Ihre Kunst gibt es ab 140 Euro. Große Motive können aber auch bis zu 5.000 Euro kosten. An einer Litfaßsäule kann sie schon lange nicht mehr vorbeigehen, ohne genau hinzuschauen. „Ich guck die immer an und denke: Ist die unten schön oder oben schön, was könnte ich daraus machen?"

Tradition mit Herz und Geschichte

Dass es irgendwann keine alten Litfaßsäulen mehr gibt, mag sich die Künstlerin gar nicht erst vorstellen. Immerhin bekam Ernst Litfaß am 5. Dezember 1854 die Erlaubnis, die ersten so genannten Anschlag- oder Annonciersäulen aufzustellen. Eine über 200-jährige Tradition, die Andrea durch die vielen digitalen Modelle bedroht sieht. „Das ist so ein altes Medium. Die Litfaßsäule hat eine Geschichte, hat das Stadtbild geprägt. Das Digitale ist mir zu steril, zu sauber und hat keine Geschichte. Die alte Litfaßsäule hat viele Schichten, ist voller Leben und Abenteuer“.

Über das Thema berichtet die Lokalzeit aus Köln am 26.10.2023 auch im WDR-Fernsehen.