Tochter wollte Mutter töten - tragischer Fall vor Gericht 00:34 Min. Verfügbar bis 16.10.2026

Tochter wollte demente Mutter mit Insulin töten - Fall vor Gericht

Stand: 16.10.2024, 18:41 Uhr

Die angeklagte Krankenschwester hat versucht das Leben ihrer demenzkranken Mutter mit Insulin zu beenden.

Von Markus Schmitz

Nach zwei Tagen Verhandlung zeigt sich das Ausmaß der Familientragödie. Die Tochter sitzt in U-Haft. Den Enkeln kommen im Zeugenstand die Tränen. Immer wieder fällt das Wort "einsam."

"Es ist für uns ein Alptraum", sagt einer der drei Söhne der 61-jährigen Angeklagten im Zeugenstand. Der Mann hatte sich für die Aussage im Kölner Landgericht vorbereitet. Mit zittrigen Händen hält er einen Zettel mit Notizen.

Er hätte auch die Möglichkeit gehabt die Aussage zu verweigern - dazu hatten sich sein Vater und einer der drei Söhne entschieden. Doch der jetzt 30 Jahre alte Mann will eine Aussage machen. Immer wieder kommen ihm die Tränen. Etwa, wenn die Suizidversuche seiner Großmutter zur Sprache kommen oder er von dem nicht selten geäußerten Todeswunsch der Großmutter berichtet: "Als Enkel will man so etwas nicht hören", sagt er.

Seine Mutter sitzt seit dem 23. Januar in Untersuchungshaft. Als er den Gerichtssaal verlässt, schaut er beim Hinausgehen seine Mutter lange an.

"Mutter hatte kein würdiges Leben mehr"

Die Angeklagte und ihre Verteidigung vor Gericht | Bildquelle: WDR/Markus Schmitz

Am Anfang des Prozesses ließ die heute 61 Jahre alte Tochter über ihren Anwalt eine Erklärung verlesen. Darin beschrieb sie die Situation ihrer Mutter. Die demenzkranke 88-Jährige habe im Pflegeheim kein würdiges Leben mehr gehabt. "In Windeln saß sie auf ihrem Bett, eine Matte davor, sie selbst habe keine Taschentücher mehr benutzen können."

Fälle von Alzheimer habe es auch in der Familie mütterlicherseits gegeben, schreibt die Angeklagte. Die Mutter wollte nicht wie ihre eigene Mutter und wie ihre Schwestern enden. Sie habe Panik davor gehabt als "Körperhülle" zu enden, schreibt die Angeklagte in der Erklärung. 

Deshalb hatte die Mutter ihre Tochter immer wieder gebeten, dem Leben der 88-Jährigen ein Ende zu setzen. Auch am 14. Januar 2024. "Hilf mir, ich möchte zu Mutti, Du weißt, wie das geht", soll die Mutter zu ihrer Tochter an dem Tag gesagt haben.

Tochter hatte Angst vor Gefängnis

Schon im September zuvor hatte die Tochter laut Erklärung der Mutter Tabletten besorgt. Diese führten dazu, dass die Mutter ins Krankenhaus eingeliefert wurde, aber sie überlebte.

In der Zeit danach bereite die Tochter etwas vor. Sie versteckte einen Insulin-Pen im Zimmer der Mutter in einer Vase mit Trockenblumen. Obwohl sie vorher es aus Angst vor dem Gefängnis abgelehnt hatte,  der Mutter Insulin zu geben, tat sie es nach eigenen Worten am 14. Januar.

Mutter überlebt

 "Willst Du jetzt gehen", fragte die Tochter nach ihrer Darstellung. Die Antwort der Mutter: "Ja". Beide schauten sich an, die Tochter verabreichte das Insulin. Nach 15 Minuten verließ die Tochter das Zimmer - etwas später fand das Pflegepersonal des Heimes die alte Frau. Sie kam sofort in die Uni-Klinik, sie überlebte und befindet sich wieder im Pflegeheim.

Der Enkel der Frau hatte in seiner Aussage immer wieder gesagt, dass sich die 88-Jährige einsam fühlte - das sei offenbar auch ein Grund gewesen, warum sie nicht mehr leben wollte. Der Angeklagten wirft die Staatsanwaltschaft zweifachen versuchten Mord aus Heimtücke vor. Der Prozess geht weiter.

Unsere Quellen:

  • Staatsanwaltschaft Köln
  • WDR-Reporter vor Ort