Kritik am Abschlussgutachten zum Wupperverband

Stand: 08.07.2022, 10:25 Uhr

Ein Jahr nach dem verheerenden Hochwasser im Bergischen Land liegt der Abschlussbericht eines wissenschaftlichen Gutachtens über die Rolle des Wupperverbandes vor. In vielen Punkten entlasten die Experten der RWTH Aachen den Wupperverband. Inzwischen regt sich aber Kritik an dem Bericht.

Von Corinna Schlechtriem und Georg Lembeck

In der Studie sei nochmal festgestellt worden, dass sehr frühzeitig davon ausgegangen werden konnte, dass eine enorm große Menge an Wasser runterkomme, sagt Andreas Bialas, Bezirksbürgermeister von Beyenburg. "Man hat zu spät reagiert, man hat es nicht ernstgenommen, dass dieser Schaden tatsächlich im Gebiet des Wupperverbands realisiert werden könnte", sagt Bialas. Er findet, sich aufgrund des Gutachtens einen eigenen Persilschein auszustellen, sei schon frech. Denn der Wupperverband hatte bei der RWTH Aachen das Gutachten in Auftrag gegeben.

Gutachter verwendeten nur vorgelegte Daten

Auch der Wuppertaler Rechtsanwalt Frank Adolphs, der rund 300 Geschädigte durch das Hochwasser vertritt, bezweifelt die Qualität des Gutachtens: "Ich möchte zurückhaltend sagen, dass es enttäuschend ist, insbesondere halten wir es für eine Täuschung der Öffentlichkeit, wenn hier behauptet wird, dass man eine unabhängige Begutachtung in Auftrag gegeben hätte. Das hat man nämlich nicht getan." Letztlich erhebe die Dokumentation für sich selber keinen wissenschaftlichen Anspruch und die Autoren führten aus, dass sie nur solche Daten verwenden durften, die ihnen vorgelegt wurden.

CDU kennt den Inhalt nicht

Auch die Politik äußert Kritik am Gutachten. Die CDU sagt, dem Rat der Stadt Wuppertal liege das Gutachten bis heute noch nicht vollständig vor, man kenne nur die Bewertung des Wupperverbands. Ihre Forderung: Der Text soll den Ausschüssen vorlegt und fachkundig eingeordnet werden, da das 166 Seiten umfassende Gutachten für Laien nur schwer zu verstehen sei. Das sei auch wichtig, damit aus den Ergebnissen gelernt werden kann, um in Zukunft anders handeln zu können.

Gutachten entlastet den Verband

Die Experten der RWTH Aachen hatten den Wupperverband in vielen Punkten entlastet. In dieser Menge und Ausbreitung seien die Regenmengen am 14. Juli nicht vorhersehbar gewesen. Auch die Niederschlagsprognosen des Deutschen Wetterdienstes hätten keinen Grund ergeben, die Wupper-Talsperre stärker zu entlasten. Vielmehr hätten durch die Talsperren – darunter insbesondere durch die Wupper-Talsperre – noch größere Schäden verhindert werden können.

Veränderungen empfohlen

Aber auch die Experten der RWTH Aachen sehen Verbesserungspotential beim Wupperverband: Notwendig sei, das Wassermanagement im Gebiet weiterzuentwickeln. Beispielsweise mit Veränderungen des Pegelwesens, einer KI-basierten Talsperren-Steuerung, neuer Wasser-Rückhaltebecken und eine Verbesserung der Alarmkette.