Auf diesen Spitzenplatz würden die Bürgerinnen und Bürger in Alfter gerne verzichten: Anfang 2024 könnte die Gemeinde im Rhein-Sieg-Kreis einen bundesweiten Rekord aufstellen, als die Kommune mit der höchsten Grundsteuer. Das hat der Bund der Steuerzahler NRW ausgerechnet.
Wenn man Menschen vor Ort auf das Thema "Grundsteuererhöhung" anspricht, verziehen die meisten erstmal das Gesicht. "Da bekomme ich Tränen in den Augen", ist noch der freundlichste Satz. "Ärger und Zorn kommt da in mir auf, weil ich das unverschämt finde", regt sich eine Passantin auf.
Teurer als Berlin
Formal geht es um den Hebesatz für die Grundsteuer B. Damit kann jede Kommune selbst festlegen, wie hoch die Steuer ausfällt. In Berlin beträgt der Hebesatz aktuell 810 Prozentpunkte, in Köln sind es 515, in Düsseldorf 440.
Alfter liegt schon jetzt bei 763 Hebesatzpunkten, geplant ist eine Verdopplung auf zunächst 1.500, später könnten der Wert sogar auf 1.800 steigen. Für ein Einfamilienhaus kann die Mehrbelastung schnell 500 Euro im Jahr betragen.
Mieter sind durch die Nebenkostenabrechnung betroffen
Von der geplanten Erhöhung sind alle betroffen: Immobilienbesitzer müssen sie direkt an die Gemeinde abführen, Mieter zahlen die Grundsteuer über die Nebenkostenabrechnungen, Unternehmen müssen sie zusätzlich zur Gewerbesteuer zahlen.
"Das ist sozialer Sprengstoff, weil es keine Staffelung nach dem Einkommen gibt. Es ist auch ein Wettbewerbsnachteil für Unternehmen und Häuslebauer werden sich zweimal überlegen, ob sie hier ein Hausbauen", sagt Christian Lanzrath, Fraktionsvorsitzender der SPD in Alfter.
Bürgermeister: Nicht Schulden auf nächste Generation übertragen
Bürgermeister Rolf Schumacher (CDU) nennt eine Menge Gründe, weshalb Alfter so klamm ist, dazu gehören höhere Tarifabschlüsse, der Anspruch auf Kita-Plätze, den Ausbau der Feuerwehr.
3.900 Unterschriften für Online-Petition
Die Einwohner von Alfter wehren sich mit einer Online-Petition. Rund 3.900 Unterschriften kamen für die Forderung "Massive Grundsteuererhöhung in Alfter verhindern" bislang zusammen.
Initiator Gregor Andreas Geiger kritisiert, dass die Gemeinde trotz ihrer angespannten Haushaltslage ein Gymnasium neu gründet, das in einigen Jahren für mehr als 70 Millionen Euro erweitert werden soll.
Bei künftigen Projekten sollte die Gemeinde darauf schauen, was sie an Mitteln zur Verfügung habe, und nicht darauf vertrauen, dass die Bürger ihr Portmonee öffnen.
Entscheidung im Dezember geplant
Entschieden ist die Rekordsteuer noch nicht. Bürgermeister Rolf Schumacher hofft, die Erhöhungen durch Einsparungen abmildern zu können. Es werde nicht ohne schmerzhafte Einschnitte bei den freiwilligen Ausgaben gehen.
Konkrete Sparvorschläge sollen bei den Haushaltsberatungen erarbeitet werden. Den Haushalt verabschiedet der Gemeinderat voraussichtlich im Dezember, dann entscheidet sich, ob Alfter den ungewollten Spitzenplatz einnimmt.
Über dieses Thema berichtet der WDR am 28.07.2023 auch im Fernsehen in der Lokalzeit aus Bonn und im Radio auf WDR 2.