Die Klinik sei überbelegt und es herrsche akuter Personalmangel, erklärten sie in einem Schreiben an den Betreiber der Klinik und an das Gesundheitsministerium. Die Lage in der mit hohen Betonmauern und Kameras gesicherten Anstalt drohe zu eskalieren.
Mitarbeiter der Forensischen Psychiatrie berichten dem WDR, dass sie immer häufiger mit Gewaltausbrüchen von Patienten konfrontiert seien. "Im Dienst rempeln uns Patienten an, spucken, beleidigen und drohen uns mit Schlägen", berichtet einer der Pfleger dem WDR.
Viele der Patienten, mit denen es die Mitarbeiter in Köln-Porz zu tun haben, wurden wegen Gewaltverbrechen in die Klinik eingewiesen. Wegen psychischer Störungen haben Richter sie nicht zu Gefängnisstrafen verurteilt, sondern sie in die geschlossene Psychiatrie geschickt.
Erdrosselung des Patienten blieb unbemerkt
Am vergangenen Samstag hatte ein Insasse der Klinik einen anderen Patienten offenbar erdrosselt. Die für die Station II zuständigen Pfleger hatten den tödlichen Angriff nicht bemerkt. Sie fanden den Toten erst später in seinem Zimmer.
Der Tatverdächtige, ein 20-Jähriger, hat laut Polizei gestanden, den Mann getötet zu haben. Er saß bereits wegen anderer Gewalttaten in der Porzer Klinik.
Pfleger: Patient zertrümmerte Scheiben
Mitte September hatte sich ein Patient auf der Station 6 eine Hantelstange aus Stahl gegriffen und damit Scheiben und Mobiliar zertrümmert. Die Pfleger flüchteten sich in ihre Kanzel. Der Raum ist nach Angaben der Beschäftigten aber nicht mit Panzerglas gesichert. Der Patient zertrümmerte die Scheiben. "Vier Mitarbeiter der Klinik wurden durch herumfliegende Glassplitter leicht verletzt", berichtet einer der Pfleger.
Brandbrief: Zu wenig Personal, zu wenig Platz
Nach diesem Vorfall hatten die Beschäftigten Brandbriefe an den Betreiber der Klinik, das ist der Landschaftsverband Rheinland, und an das zuständige Gesundheitsministerium des Landes Nordrhein-Westfalen geschrieben. Tenor: In der Forensischen Psychiatrie werden immer mehr Gewalttäter mit psychischen Störungen eingeliefert. Für deren Betreuung stehe aber viel zu wenig Personal zur Verfügung.
"Patienten müssen nun schon in Besucherzimmern untergebracht werden oder in den so genannten Krisenräumen, weil es nicht ausreichend Platz in der Klinik gibt", berichtet Arno Appelhoff, der zuständige Sekretär der Gewerkschaft ver.di dem WDR. "Es wird zu eng in der Klinik, das führt zu Reibereien und zu einer aggressiven Stimmung." Und es fehlen laut Appelhoff Pfleger, die sich mit den Patienten beschäftigen. Deshalb fällt es oft nicht rechtzeitig auf, wenn ein Patient sein Verhalten ändert.
"Gewaltausbrüche kommen dann überraschend, niemand kann rechtzeitig eingreifen", sagt Appelhoff.
Betreiber: Klinik offiziell überbelegt
Der für die Forensische Psychiatrie zuständige LVR räumt in internen Schreiben ein, dass die Klinik überbelegt ist. Porz habe Kapazitäten für 210 Patienten. Am 1. November waren dort aber 239 psychisch Kranke untergebracht.
Bis Anfang kommenden Jahres soll nach Angaben des Landschaftsverbandes Rheinland auf dem Gelände der Klinik ein Containerbau für 20 Insassen errichtet werden. Selbst nach dieser Notmaßnahme reicht die Kapazität also nicht aus.
Gewerkschaft Ver.di: "Viele Mitarbeiter kündigen nach wenigen Monaten"
Der Landschaftsverband Rheinland bestreitet allerdings, dass es zu wenig Personal in der Klinik gibt. In den vergangenen vier Jahren seien sogar elf zusätzliche Mitarbeiter eingestellt worden, heißt es in einer Stellungnahme des LVR. Allerdings entstehen laut LVR Engpässe durch einen ungewöhnlich hohen Krankenstand.
"Der Krankenstand ist Folge der Überlastung", sagt Ver.di-Sekretär Appelhoff. "Viele Mitarbeiter kündigen schon nach wenigen Monaten wieder." Wegen der hohen Fluktuation fehle Personal, das ausreichend Erfahrung im Umgang mit den Patienten hat. In den anderen forensischen Kliniken in Nordrhein-Westfalen sei die Situation zum Teil sogar noch schwieriger als in Köln.
LVR bestreitet Zunahme der Gewalt
Der Landschaftsverband Rheinland bestreitet in einer Stellungnahme an den WDR, dass es eine Zunahme der Gewalt in der Kölner Klinik gibt. Die Zahl der gemeldeten Fälle sei in den vergangenen Jahren sogar zurückgegangen.
"Die meisten Vorfälle, die wir in unserem Arbeitsalltag erleben, werden nirgendwo eingetragen", berichtet ein Pfleger. "Spucken, Beleidigungen, Drohungen, Anrempeln, das wird als normales Alltagsgeschehen betrachtet, deswegen rennt niemand zum Chef."
Sorge vor weiteren Vorfällen
Nach dem Tod des Patienten auf der Station II machen sich viele Beschäftigte allerdings Sorgen. Schon seit Monaten fordert Ver.di, gesicherte Räume zu schaffen und gesicherte Fluchtwege einzurichten, damit sich die Mitarbeiter vor plötzlichen Gewaltausbrüchen bei Patienten schützen können.
Unsere Quellen:
- Eigene Recherchen
- Gespräch mit dem Landschaftsverband Rheinland
- Gespräch mit Arno Appelhoff von ver.di