Das Zentrum versorgt geflüchtete Menschen, die Krieg, Flucht, Folter und Gewalt erlebt und überlebt haben. Mozhgan Shafiee ist eine von ihnen. Sie ist vor sechs Jahren mit ihrem Mann und ihrem Sohn aus dem Iran geflüchtet. Als konvertierte Christen in einem Land, in dem es keine Religionsfreiheit gibt, hatten sie keine andere Wahl.
Traumatische Erlebnisse auf der Flucht
Bevor sie in Deutschland ankamen, verbrachten sie vier Jahre lang in einem Flüchtlingscamp in Griechenland. Die medizinische Versorgung war schlecht, ein menschenwürdiges Leben kaum möglich. Das hat Spuren hinterlassen, sagt Shafiee, obwohl sie nun schon seit zwei Jahren in Deutschland ist.
Die Ängste begleiteten sie weiter, ihr Sohn rutschte in eine Depression mit Suizidgedanken. "Man braucht jemanden, der einem unter die Arme greift und danach alles wieder mit einem zusammen aufbaut," sagt sie.
Wartelisten für psychosoziale Therapien
Im Psychosozialen Zentrum (PSZ) in Aachen konnten Shafiee und ihre Familie Hilfe bekommen. Es ist das einzige Zentrum in der Region mit Fokus auf psychologische Therapien für Geflüchtete, die meisten von ihnen mit unsicherem Aufenthaltsstatus.
Das Team hier ist international, die Nachfrage ist groß, etwa 3.000 Menschen haben hier im vergangenen Jahr Hilfe gesucht, allein aus der Ukraine. Schon jetzt gibt es Wartelisten.
Familienministerium: Weniger Geld wegen Schuldenbremse
Obwohl eigentlich mehr Geld nötig wäre, plant die Bundesregierung, hier wegen der Schuldenbremse zu sparen. Ein Sprecher des Familienministeriums teilte auf Anfrage mit: Statt bisher 17 Millionen Euro will die Ampelregierung im nächsten Jahr 12 Millionen Euro für die Beratung und Betreuung in den Zentren ausgeben.
Für das Aachener PSZ habe das konkrete Auswirkungen, sagt die Geschäftsleiterin Marie-Therese Aden-Ugbomah. Sie müsse mit mindestens 65 Prozent weniger Geld rechnen. "Diese Kürzung bedeutet, dass wir insbesondere Geflüchtete aus der Ukraine nicht mehr in diesem Umfang auffangen können und unsere Therapieangebote erheblich reduzieren müssen." Im letzten Jahr erhielt das PSZ 143.000€ und 7.000€ Zusatzmittel, um aus der Ukraine geflüchtete Studierende zu unterstützen.
Psychologische Unterversorgung könnte sich verschärfen
Im Zuge der Kürzungen werde bereits von Schließungen einzelner PSZ gesprochen, so Aden-Ugbomah. Die bereits bestehende psychologische Unterversorgung könnte sich noch mehr verschärfen.
Für Shafiee wäre der Start in Deutschland ohne das Aachener PSZ um einiges schwerer gewesen. "Ich bin täglich dankbar, dass ich das PSZ kennengelernt habe", sagt sie. Im Iran war Shafiee Gymnasiallehrerin. Heute lebt sie mit ihrem Mann und ihrem Sohn in Übach-Perlenberg, ist in der Gemeinde aktiv, lernt Deutsch – und will möglichst bald wieder ins Berufsleben starten.
Über dieses Thema berichtet der WDR am 19.12.2023 auch im Fernsehen in der WDR Lokalzeit aus Aachen.
Unsere Quellen:
- Bundesfamilienministerium
- PSZ Aachen