Trauergedenken mit Steinmeier: "Solingen ist nicht allein!"

Stand: 01.09.2024, 15:30 Uhr

In Solingen haben Bundespräsident Steinmeier, Bundeskanzler Scholz und NRW-Ministerpräsident Wüst der Opfer der tödlichen Messerattacke am 23. August gedacht. Auf dem Fronhof, dem Ort des Anschlags, wurden Kränze niedergelegt. Im Aschluss schüttelte Steinmeier Hände und sprach mit den Solingern über ihre Gefühle.

Von Helge Rosenkranz

Das Theater- und Konzerthaus ist die größte und wichtigste Kulturstätte in Solingen. Schon am Vormittag versammelten sich hier hunderte Gäste zur Trauerfeier, zu der neben Bundespräsident Steinmeier unter anderen auch Bundeskanzler Scholz und Bundestagspräsidentin Bas anreisen werden. Außerdem sind Helfer, Retter und Einsatzkräfte von Polizei und Feuerwehr zur Trauerfeier eingeladen. Und natürlich diejenigen, die bei dem Anschlag Angehörige verloren haben.

Trauerfeier im Theater- und Konzerthaus

Gegen halb elf Uhr trifft eine Kolonne aus gepanzerten Wagen ein, begleitet von Polizei-Motorrädern. Frank-Walter Steinmeier, Olaf Scholz und Hendrik Wüst kommen über die Rückseite ins Theater- und Konzerthaus. Der Bundespräsident zieht sich zunächst mit den Angehörigen der Opfer zum Gespräch zurück. Dann beginnt der offizielle Teil der Trauerfeier mit einer Rede des Solinger Oberbürgermeisters Tim Kurzbach. "Wir werden die Angehörigen der Opfer nie allein lassen", sagt Kurzbach. Und wie zum Trotz betont er: "Solingen bleibt trotz des Terroranschlags eine weltoffene Stadt!"

"Solingen ist nicht allein"

Steinmeier im Gespräch mit den Solingern | Bildquelle: Michael Probst / dpa

Der Bundespräsident war erst vor einem Jahr in Solingen, zum Gedenken an den 30. Jahrestag des Brandanschlags, bei dem fünf türkische Frauen und Mädchen starben. Auch an dieses Ereignis erinnert er in seiner Rede. Und er sagt: "Mich bewegt die Trauer der Angehörigen, deren Schmerz kaum zu ertragen sein kann. Solingen ist nicht allein".

Konsequenzen aus Terrorangriff gefordert

Etwa zur selben Zeit sammeln sich die ersten Zuschauer auf dem Fronhof in der Solinger Innenstadt. Sie wollen dabei sein, wenn am Mittag der Bundespräsident und der Ministerpräsident Kränze genau dort aufstellen, wo der Messerangriff geschah. Angela Lehnhoff ist mit ihrer Tochter Ida gekommen. Sie meint, der Staat müsse jetzt wirksame Konsequenzen aus dem Terrorangriff garantieren. Dazu gehöre auch, dass mehr gewaltbereite Straftäter unter den Flüchtlingen abgeschoben werden.

Neben ihnen steht ein Paar mit türkischen familiären Wurzeln in Solingen. "Solingen stand immer für Vielfalt, seit meiner Kindheit", sagt die Frau. "Und das wird auch weiter so sein."

Solingerin Natalie Gatzen will sich nach dem Anschlag die Lebensfreude nicht nehmen lassen | Bildquelle: Michael Probst / dpa

Auf der Treppe zur Stadtkirche an der Stirnseite des Fronhofs sitzt Natalie Gatzen mir ihrem Ehemann und der Tochter. Sie ist auch gekommen, um ihre Angst zu bekämpfen, die sie seit einer Woche quält. "Ich will mir meine Lebensfreunde nicht von einem Terroristen nehmen lassen. Und ich finde es schlimm, wie dieser Anschlag in der vergangenen Woche politisch ausgeschlachtet worden ist."

Kranzniederlegung am Fronhof

Am Fronhof wurden mit einer Schweigeminute der Opfer gedacht | Bildquelle: Michael Probst / dpa

Inzwischen drückt die Hitze des Spätsommertags auf den Fronhof. Etwa 200 Zuschauer sind gekommen, viele suchen den Schatten unter den Bäumen auf, die den Fronhof säumen. Dann treffen die Politiker ein, die zum Teil zu Fuß vom Theater- und Konzerthaus zum Fronhof gelaufen sind. Es herrscht eine feierliche Stille auf dem Platz. Minutenlang verharren Steinmeier, Wüst und der Solinger Oberbürgermeister Kurzbach vor den Kränzen für die drei Todesopfer der Messerattacke.

Dann die Überraschung: Der Bundespräsident tritt an die Absperrungen, im Hintergrund eine ganze Schar von Sicherheitsleuten. Steinmeier schüttelt Hände, spricht mit den Solingern über ihre Gefühle. Die Reaktion: Minutenlanger Applaus. Und Steinmeier verspricht, wiederzukommen und hoffentlich ein anderes Solingen zu erleben, eine Stadt der Vielfalt, die sich dem Terror nicht beugen will.

Quellen:

  • Reporter vor Ort