Staunend geht eine blondgefärbte Dame durch den Raum, vorbei an der verspiegelten Theke mit der alten Kasse. Sie hält ihr Handy in die Luft, filmt und sagt immer wieder: "Das war unsere Jugend!" Inge Wiese gehört zu den ersten Besucherinnen des rekonstruierten "Creamcheese" im Düsseldorfer Kunstpalast. Als Gesamtkunstwerk lässt das Museum den legendären Club wieder aufleben, der europaweit der erste für Kunst und Musik war.
Ein ganzer Club im Museum
Günther Uecker sitzt auf den silbernen Stufen neben der Eingangstür, hinter ihm ein Bild seines Kollegen Gerhard Richter hinter Glas. Auch sein "Electric Garden", ein Nagel zwischen Neonröhren und Gitter ist gesichert, ebenso die Werke von Daniel Spoerri, Heinz Mack, Aldolf Luther und Ferdinand Kriwet. Alles an Ort und Stelle, aber hinter Glas. "Tja", sagt Uecker: "Jetzt ist das Creamcheese museal."
Dann schwelgt er in Erinnerungen. Wild war’s. Frank Zappa stand immer genau dort an der vorderen Ecke der Theke. Überall waren Projektoren, die die Gäste filmten. Alles wurde sofort übertragen auf die Bildschirmwand, die aus Fernsehern bestand. "Hier war jeder ein Star!", sagt Uecker.
Andy Warhols Club war Vorbild
Günther Uecker hatte die Idee zu der Bar an der Neubrückstraße 12 in der Düsseldofer Altstadt nach einem Besuch in Andy Warhols "The Dome" in New York. Ein Ort wo Menschen trinken und tanzen, während experimentelle Kunst aller Art präsentiert werden konnte.
Alles war willkommen: Mode, Theater, Literatur, Filme, Aktionen. "Drogen gab es auch", Uecker schmunzelt und berichtet von seinem ersten LSD-Trip. "Plötzlich hatte mein Gegenüber so eine Aura." Der alte Mann schüttelt den Kopf und lacht. Das "Creamcheese" unweit der Kunstakademie eine Revolte gegen bürgerliche Ideale.
Kunst, Drugs & Rock ‘n‘ Roll
"Mein Schülerausweis war frisiert und Jimmy an der Kasse war gnädig", berichtet Inge Wiese, die mit 16 Jahren das erste Mal im "Creamcheese" war. Aus der im Volksmund als Drogenhöhle verschrienen Stätte wurde sie mal von der Mutter ihrer Freundin mit dem Regenschirm rausgeprügelt: "Das war verdammt peinlich!" Alles andere nur cool.
Von 1967 bis 1976 dauerte der Spaß, dann machte der Club dicht und die Kunstwerke landeten im Keller des Kunstpalastes. "Der Umbau jetzt hat es möglich gemacht, dem 'Creamcheese' hier einen Raum zu widmen", sagt Museumsdirektor Felix Krämer. Immerhin seien all die jungen Künstler, die den Club mit ihren Werken gestaltet haben, mittlerweile Stars in der Kunst.
Feiern wie früher
Felix Krämer selbst war nie dort, dazu ist er als 71er Jahrgang zu jung. Trotzdem war der Laden immer Thema in seiner Familie. Er lehnt an der Theke und grinst: "Meinen Eltern haben sich hier verlobt." Es sei verrückt, dass er genau jetzt Chef des Museums sei, wo die Kultstätte wieder auflebt. "Meine Mutter war schon hier. Sie ist zufrieden."
Der Raum wird fester Bestandteil im neuen Kunstpalast und soll freitags und samstags mit Musik und Drinks aus den 60ern und 70ern gefeiert werden - bis in die späten Abendstunden, ganz wie früher.
Über dieses Thema berichtet auch das WDR Fernsehen in der WDR Lokalzeit Düsseldorf am 28.09.2023 um 19.30 Uhr.