Ausbeutung von osteuropäischen Arbeitskräften Lokalzeit aus Duisburg 28.05.2024 02:36 Min. Verfügbar bis 28.05.2026 WDR Von Laura Kasprowiak

Ausbeutung als Folge der europäischen Freizügigkeit?

Stand: 28.05.2024, 18:04 Uhr

In der EU können sich Menschen frei bewegen und überall arbeiten. Laut DGB werden dadurch noch immer viele Arbeitskräfte aus dem Ausland ausgenutzt.

Von Tim Köksalan

Die sogenannte Freizügigkeit hilft der Wirtschaft, Arbeitskräfte zu finden. Menschen aus Südosteuropa kommen oft nach Deutschland, um hier besseres Geld zu verdienen als in ihrem Heimatland.

Oft prekäre Arbeitsbedingungen

Die Realität sieht leider oft anders aus. Prekäre Arbeitsbedingungen und Lohndumping sind in vielen Bereichen immer noch an der Tagesordnung. Hier steuere die Politik zu wenig dagegen, sagt der DGB.

Auf einer Pressekonferenz im Duisburger Hafen unter anderem mit der Vorsitzenden des DGB NRW, Anja Weber, schilderten Betroffene ihre Situation und wie die Ausbeutung osteuropäischer Arbeitskräfte beendet und faire Arbeitsbedingungen für alle Menschen in Europa umgesetzt werden können.

Betroffene erzählen

Lorant Moger stammt aus Rumänien, ist Lkw-Fahrer und war lange in einem prekären Beschäftigungsverhältnis. Sein Arbeitgeber habe ihn zwar angemeldet, aber an seinem angeblichen Wohnort sei er nie gewesen, berichtet er: "Ich habe über Wochen im Lkw gelebt, ohne Dusche, ohne Toilette."

Emil Toma stammt ebenfalls aus Rumänien und war zwei Jahre in der Fleischindustrie beschäftigt. Täglich habe er 13 bis 15 Stunden schwerste Arbeit ohne Pausen leisten müssen. "Wenn es nicht mehr ging, wurde gleich mit Kündigung gedroht", berichtet der 51-Jährige. Er erlitt nach zwei Jahren einen Herzinfarkt und ist mittlerweile arbeitsunfähig.

Verstöße ziehen sich durch viele Branchen

Von solchen Fällen hört Szabolcs Sepsi häufig. Er arbeitet in der Beratungsstelle "Faire Mobilität". An 13 Standorten in Deutschland versucht das Projekt, Betroffene zu unterstützen. Beraten wird in den Sprachen Bulgarisch, Ungarisch, Rumänisch, Polnisch und natürlich Deutsch.

Ebenso weit wie die Branchen reichen die Verstöße, die gemeldet werden. Es geht um Mindestlohnunterschreitungen, unbezahlte Überstunden, fehlende Lohnfortzahlung für Urlaub oder Krankheit oder mangelhaften Arbeitsschutz. Wenn sich Betroffene wehren wollen, werden sie oft eingeschüchtert oder sogar bedroht, erzählt Sepsi.

Europäisches Problem

Die Ausbeutung von Menschen aus Südosteuropa habe in vielen Branchen System, sagt die NRW-Vorsitzende des DGB, Anja Weber. Noch immer werde gegen diese Missstände zu wenig getan, sagt Weber. Das Lieferkettengesetz und die Anhebung des Mindestlohns seien ein guter Anfang. Aber das Problem müsse vor allem auf europäischer Ebene stärker ins Auge gefasst werden.

Das heißt: Die bestehenden Gesetze müssen besser umgesetzt und kontrolliert werden. Viel wichtiger sei aber, dass es Beratungsstellen in ganz Europa gebe. Auch bei uns sei das Angebot nicht auskömmlich finanziert. "Die Berater arbeiten unter schwersten Bedingungen, werden oft bedroht und haben meistens nur befristete Stellen", so Weber. 

Unsere Quellen:

  • WDR-Reporter vor Ort
  • DGB

Über dieses Thema berichtete der WDR am 28.05.2024 im WDR-Hörfunk.