Hilfe für Patienten: App macht Mediziner-Sprache verständlich

Stand: 01.08.2024, 08:00 Uhr

Viele Patienten verzweifeln an unverständlichen Arztberichten. Hilfe verspricht eine neue App - erfunden im Oberbergischen.

Von Daniel Gowitzke

Als Ina Kleist (Name geändert) 15 Jahre alt war, fing es an: starke Schmerzen im Unterleib. Es folgte eine Odyssee durch Krankenhäuser, Besuche bei Ärzten und Heilpraktikern. Erst nach 13 Jahren und mehreren Operationen gab es die Diagnose: Ina Kleist leidet an Endometriose, einer schmerzhaften und chronischen Erkrankung des Unterleibs.

Unverständliche Arztberichte

Eine der größten Hürden für die junge Pädagogin waren die Arztberichte und Arztbriefe, die sie nur selten verstehen konnte und die ihr oft mehr Angst machten als sie aufzuklären.

"Ich hab die Berichte nicht ansatzweise verstehen können. Da waren so viele lateinische Begriffe drin. Das war eine riesige Herausforderung für mich." Ina Kleist (Name geändert)
Patientin

Geholfen hat Ina Kleist eine neue App mit dem Titel "DocToRead", die es seit Mai gibt. Die soll Arztbriefe und Arztberichte vom Fachchinesisch ins Patienten-Deutsch übersetzen.

Bastian Hollmann aus Marienheide im Oberbergischen Kreis hat sie erfunden. Dabei haben ihm seine Erfahrungen in der medizinischen Industrie geholfen, insbesondere in der Strahlentherapie und Radiologie.

"Mehr Fragen als Antworten"

Arztberichte geben vielen Patienten Rätsel auf | Bildquelle: WDR/ Gowitzke

Dort ist Hollmann seit rund 20 Jahren tätig, dort war er an zahlreichen Entwicklungen beteiligt. "Es war immer wieder dasselbe: Patientinnen und Patienten verließen das Krankenhaus mit mehr Fragen als Antworten", erzählt Bastian Hollmann. "Kein Wunder bei Begriffen wie subchondrale Geröllzysten oder retropatellare Chondropathie."

App macht Fachsprache verständlich

Seine App ist einfach in der Anwendung: Patientinnen und Patienten scannen ihre Arztbriefe ein, laden sie in der App hoch und bekommen in weniger als zwei Minuten eine Übersetzung der komplexen, medizinischen Begriffe in einfachere Sprache.

Ein Beispiel: "Die Minisken, also die Knorpelscheiben, die als Stoßdämpfer im Knie dienen, sind ohne erkennbare Risse." Verständlich, inhaltlich richtig und mit dem nötigen Datenschutz versehen.

"Es ist wichtig, dass keine personenbezogenen Daten mit hochgeladen werden. Das kann man zum Beispiel machen, in dem man Namen schwärzt oder Briefköpfe nicht mit abfotografiert", erklärt der Erfinder. Darüber hinaus gibt er die Garantie, dass keine Daten auf externen Servern gespeichert werden, sondern nur lokal auf dem eigenen Smartphone.

Gute Kritiken

Bastian Hollmann hat die App für Patientinnen und Patienten entwickelt | Bildquelle: WDR/ Gowitzke

Till Gaensicke, Facharzt für Innere Medizin und Kardiologie, hat die neue App getestet. Er sagt, sie sei gut, sehr bedienerfreundlich. Seine einzige Kritik: "Im Vergleich zum Originaltext ist mir aufgefallen, dass zwei Begriffe nicht übersetzt worden sind: Zyste und Polyp. Da bin ich mir nicht sicher, ob jeder sofort weiß, was es ist."

Dem Arzt ist darüber hinaus eine Lücke aufgefallen. "Der Absatz, in dem das Krankenhaus schreibt, dass sich die Patientin bei Verschlechterung des Zustands jederzeit wieder im Krankenhaus vorstellen kann, wurde komplett weggelassen. Aber ansonsten ist die Qualität wirklich gut."

Ein Eindruck, den Endometriose-Patientin Ina Kleist teilt: "Für mich war die App der Game Changer. Ich hab die genaue Erklärung, die meine Gynäkologin mir gegeben hat, in der App wiedergefunden. Ich hab sofort verstanden, was mit mir los ist."

Die App kostet einmalig 3,99 Euro. Das ist im Vergleich zu vielen anderen Apps aus dem Gesundheitswesen günstig. Bis Ende Juli wurde sie 250 Mal heruntergeladen.

Unsere Quellen:

  • WDR-Reporter
  • Bastian Hollmann, App-Erfinder
  • Patientin
  • Till Gaensicke, Facharzt für Innere Medizin und Kardiologie

Über dieses Thema berichtet der WDR am 01.08.2024 auch im Fernsehen in der WDR Lokalzeit aus Köln.