Fahrradfahrer vs. Fußgänger: Immer mehr Unfälle

Aktuelle Stunde 19.10.2023 UT Verfügbar bis 19.10.2025 WDR Von Kristina Klusen

Radfahrer vs. Fußgänger: Immer mehr Unfälle befürchtet

Stand: 19.10.2023, 15:57 Uhr

Dass Radfahrer und Fußgänger zusammenkrachen, kommt derzeit eher selten vor. Aber das könnte sich nach Meinung von Forschern bald ändern.

2022 hat es in NRW 1.160 Zusammenstöße zwischen Radfahrern und Fußgängern gegeben, bei denen Menschen zu Schaden kamen. 181 Personen wurden dabei schwer verletzt, vier Personen starben. Das geht aus einer Studie der Unfallforscher des Gesamtverbandes der Deutschen Versicherungswirtschaft (UDV) hervor. Deutschlandweit gab es 720 Schwerverletzte und 13 Todesfälle bei diesen sogenannten Fuß-Rad-Unfällen.

Häufiger Unfälle wegen E-Bikes und Lastenräder

Laut UDV-Chef Siegfried Brockmann wird diese Unfallkonstellation bislang kaum beachtet. Das wird sich in Zukunft ändern, erwartet der Unfallexperte. Und zwar aus zwei Gründen: "Fahrräder nehmen zahlenmäßig und nach Fahrleistung deutlich zu und mit E-Bikes und Lastenrädern werden sie auch schneller und schwerer. Die Bevölkerung wird auf der anderen Seite immer älter", hieß es in einer Mitteilung des UDV. Und gerade Ältere, so die Studie, würden bei Fuß-Rad-Unfällen häufig schwer verletzt.

Problematisch: Parkende Autos und schmale Radwege

Als Unfallschwerpunkte hat die Studie vor allem Fußgängerzonen und Haltestellenbereiche ausgemacht. Eine typische Situation dabei: Fußgänger betreten überraschend den Radweg, weil ihre Sicht durch parkende Autos eingeschränkt ist. Der Großteil der Unfälle ereignete sich laut der Studie auf Radverkehrsflächen, also auf Radwegen oder gemeinsam genutzten Wegen und Bereichen, etwa in Parks oder in Fußgängerzonen.

Je schmaler die Radanlage, so die Erkenntnis der Forscher, umso größer die Unfallwahrscheinlichkeit. Besonders Radwege, auf denen man in beide Richtungen fahren könne, seien hierbei ungünstig.

Rad- und Fußverkehr stärker voneinander trennen

Fußgänger und Fahrradfahrer: Gefahren im Straßenverkehr

Gefährliche Nähe

Ein Problem, das auch der Allgemeine Deutsche Fahrradclub (ADFC) schon lange bemängelt. Die Infrastruktur in den meisten Städten NRWs sei einfach veraltet und der vorhandene Platz zu gering, sagte der Vorsitzende des ADFC Köln, Christoph Schmidt, dem WDR. Sein Lösungsvorschlag: "Man muss den Rad- und Fußverkehr voneinander trennen, und zwar so, dass die Wege breit genug für beide sind."

Die Bedenken mancher Fußgänger angesichts schwerer und motorbetriebener Lastenräder kann Schmidt hingegen nicht so recht nachvollziehen. Die Anzahl der Zusammenstöße von Fußgängern mit Lastenrädern sei immer noch sehr gering im Vergleich mit Autos. Für ihn ist das eher ein "psychologisches als ein reales Problem".

Vorbild Kopenhagen: Radwege statt Parkplätze

Radfahrer auf einem Radweg in Kopenhagen

Kopenhagen: Viel Platz für Radfahrer

Auch Verkehrsexperte Jürgen Gerlach von der Uni Wuppertal ist dafür, den Rad- und Fußverkehr in den Städten stärker zu trennen. Als gelungenes Beispiel nannte er gegenüber dem WDR Kopenhagen. Dort habe es noch in den 80ern "genauso ausgesehen wie bei uns". Doch dann habe man dort immer mehr Platz für Radfahrer geschaffen, indem man die Parkflächen für Autos abgebaut habe. Statt auf der Straße parken diese nun in Parkhäusern.

"Dieses Potenzial gibt es bei uns auch", glaubt Gerlach und verweist beispielsweise auf die Stadt Köln, wo schon an vielen Stellen Parkplätze mit Bäumen bepflanzt oder durch Fahrradständer ersetzt worden seien.

Fuß-Rad-Unfälle nur ein Randaspekt in der Unfallstatistik

Verglichen mit anderen Unfallkonstellationen im Straßenverkehr sind die vier Toten bei Fuß-Rad-Unfällen in NRW eine geringe Anzahl. Ein Blick in die Unfallbilanz des Statistischen Bundesamtes zeigt: 2022 starben in NRW 101 Rad- und Pedelec-Fahrer (insgesamt 22.054 Verunglückte) sowie 65 Fußgänger (insgesamt 7.064 Verunglückte) im Straßenverkehr.

An den meisten dieser Unfälle waren motorisierte Fahrzeuge beteiligt. Laut Allgemeinem Deutschen Fahrradclub (ADFC) kam es 2020 bei knapp 72 Prozent der Fahrradunfälle, die keine Alleinunfälle waren, zu Zusammenstößen mit Autos. Nur 6,6 Prozent der Verletzten bei Fahrradunfällen resultierten aus Kollisionen mit Fußgängern.

Unsere Quellen:

  • Gesamtverband der Deutschen Versicherungswirtschaft
  • Allgemeiner Deutscher Fahrradclub
  • Interview mit Jürgen Gerlach im "Mittagsecho" von WDR 5
  • Statistisches Bundesamt
  • Innenministerium NRW

Über dieses Thema haben wir am 19.10.23 auch im WDR 2 Morgenmagazin berichtet.

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