Die sogenannten Kanzler-Duelle im Vorfeld der Bundestagswahl sind auch in Deutschland Tradition geworden. Darin stellen sich die Spitzenkandidaten der Parteien, die bei der Bundestagswahl antreten, im TV live den Fragen von Journalisten und Journalistinnen sowie den Argumenten ihrer Konkurrenten.
Vor der letzten Bundestagswahl 2021 trafen die Spitzenkandidaten Olaf Scholz (SPD), Armin Laschet (CDU) und Annalena Baerbock (Grüne) dreimal aufeinander - bei ARD, ZDF und RTL. Dieses Jahr sieht die Planung der TV-Sender jedoch anders aus - und stößt vor allem bei den Grünen auf Unverständnis und Kritik.
Fragen und Antworten rund um das TV-Duell:
Was planen ARD, ZDF und RTL?
Nach den bisherigen Planungen von ARD, ZDF und RTL stehen bislang nur zwei TV-Duelle vor der Bundestagswahl am 23. Februar 2025. An beiden nehmen nur Olaf Scholz und Friedrich Merz teil. Den Anfang machen am Sonntag, 9. Februar, ARD und ZDF. Wie die Sender mitteilten, werden für die ARD Sandra Maischberger und für das ZDF Maybrit Illner moderieren. Eine Woche später, am 16. Februar, gehen Scholz und Merz bei RTL in die zweite Duell-Runde. Gastgeber beim Privatfernsehen werden nach RTL-Angaben Günther Jauch und Pinar Atalay sein.
Der Gedanke hinter dieser Konstellation ist, dass bei dieser Debatte "der augenblickliche Amtsinhaber und der Herausforderer mit den größten Chancen auf den Wahlsieg" aufeinandertreffen, erklärt ARD-Chefredakteur Oliver Köhr. Darüber hinaus sei aber auch noch ein zweites Duell geplant, "für die beiden anderen Parteien, die seit der letzten Bundestagswahl konstant über zehn Prozent liegen", so Köhr.
Gemeint sind damit der Spitzenkandidat der Grünen, Robert Habeck, sowie die AfD-Spitzenkandidatin Alice Weidel. Damit wolle man den zwei Parteien, die Chance bieten, "ihre Visionen und Ideen für das Land angemessen zu präsentieren", heißt es dazu aus den Programmdirektionen von ARD und ZDF.
Auch RTL teilte mit, dass mit den Kanzler- und Spitzenkandidaten der anderen Parteien Gespräche "über weitere Duell-Kombinationen" liefen.
Was kritisieren die Grünen an der Planung?
Die Kritik der Grünen richtet sich vor allem gegen das Konzept des Duells - also, dass sich nur zwei Kandidaten gegenüberstehen. "Sagt mal, ARD und ZDF, ist das wirklich ernst gemeint? Nur SPD und CDU einzuladen?", schrieb die Fraktionsvorsitzende der Grünen, Katharina Dröge, auf der Plattform X. Ihre Kollegin Britta Haßelmann ergänzte: "Die Zeiten der beiden großen Volksparteien sind vorbei. Das wissen alle. Der Öffentlich-Rechtliche noch nicht?"
Die Einladung zum TV-Duell mit Alice Weidel lehnte Robert Habeck ab. Ein Sprecher Habecks sagte dem "RedaktionsNetzwerk Deutschland", das Wahlkampfteam habe ARD und ZDF bereits früh mitgeteilt, "dass wir eine Einladung nicht akzeptieren werden". Stattdessen ließ der Sprecher erkennen, dass der Spitzenkandidat der Grünen lieber zusammen mit Scholz und Merz in einem Triell auftreten würde.
Der gleiche Vorschlag kam auch von der AfD-Co-Vorsitzenden Alice Weidel, die ebenfalls an der Debatte von Scholz und Merz teilnehmen will. "Es werden die Vertreter der drei Parteien mit den besten Umfragewerten eingeladen, und die Sache wäre wieder rund", sagte ein Sprecher von Alice Weidel der "Bild" und kündigte an, dass die AfD juristisch prüfen lassen werde, dass sie "als Partei mit den aktuell zweitbesten Umfragewerten wieder in Ameisen-Runden verschwinden soll".
Was sagen die anderen Parteien?
Auch andere Parteien haben sich mittlerweile zur Planung der TV-Duelle geäußert. BSW-Chefin Sahra Wagenknecht forderte im Gespräch mit der Nachrichtenagentur AFP, "alle Kanzlerkandidaten ins Studio zu holen". Diese Forderung schließe auch sie als Spitzenkandidatin der nach ihr benannten Partei ein. "Dann könnten die Bürger sich ihr eigenes Bild von den Kandidaten und ihren Programmen machen. Unterschiede würden sichtbar", so Wagenknecht weiter. Ein solches Format stünde für einen öffentlich-rechtlichen Rundfunk, "der unabhängig informiert und nicht bevormundet", sagte die Parteichefin.
Auch FDP-Chef Christian Lindner meldete sich am Mittwoch zu Wort und bot über den Kurznachrichtendienst X an, den freigewordenen Platz von Robert Habeck im Duell gegen Alice Weidel zu übernehmen. "Man darf den Ideenwettbewerb mit der AfD nicht scheuen, wenn man deren Wähler zurückgewinnen will", so Lindner weiter.
Welchen Einfluss haben TV-Duelle auf Wahlen?
Warum die Spitzenkandidaten der anderen Parteien unzufrieden damit sind, nicht gegen Olaf Scholz und Friedrich Merz im TV antreten zu können, ist nachvollziehbar. "Der Forschungsstand zeigt, dass TV-Debatten einen Unterschied machen", sagt die Parteienforscherin Kristina Weissenbach von der Universität Duisburg-Essen. "Das sind 90 Minuten Wahlkampf im Brennglas."
Die Wähler, die sonst keine Lust hätten, sich zu informieren, nutzten diese Debatten dafür. Deshalb sei es auch ein wichtiges und etabliertes Format, so Weissenbach im Gespräch mit dem WDR. "Die Wichtigkeit im Wahlkampf ist unbestritten."
Unsere Quellen:
- Nachrichtenagentur dpa, AFP
- Statement der Programmdirektionen von ARD und ZDF
- X-Account von Christian Lindner (FDP), Britta Haßelmann und Katharina Dröge (beide Grüne)
Über dieses Thema berichtet wir am 18.12.2024 auch im WDR-Fernsehen: Aktuelle Stunde um 18.45 Uhr.