Die Zeitreise beginnt hinter der Bühne. Didi Jünnemann ist mit 72 Jahren der Älteste im Ensemble und Gründungsmitglied vor 40 Jahren. Genau dieses Alter hat Aischa Lina Löbbert in diesem Jahr erreicht. Die 40-Jährige steht zum ersten Mal mit dem Ensemble auf der Bühne und ist entsprechend nervös. Allerdings hatte sie vor 30 Jahren einige Auftritte in der Kinderstunksitzung, hat also Bühnenerfahrung und kennt Stunksitzung in allen Facetten.
Der Geruch nach abgestandenem Bier, wenn sie in die Halle - das Kölner E-Werk - käme, sei es, was sie als erstes mit der Stunksitzung verbinde. Aus ihrer Kindheit seien ihr noch viele Texte geläufig. Damit würde sie als Neuling im Ensemble punkten. Für Didi Jünemann ist die Stunksitzung aus seinem Leben nicht mehr wegzudenken.
Kölns Gleichgültigkeits-Beauftragte
Gut eine Stunde später spielt Aischa einen umjubelten Sketch als Gleichgültigkeits-Beauftragte der Stadt Köln, wo nichts klappt - am wenigsten der U-Bahn-Ausbau. "Wir machen nichts zur AfD", sagen die Stunker in einer Nummer zu Beginn und empören sich trotzdem über deren Intoleranz, Fremdenfeindlichkeit und rechtsextremen Tendenzen. Das Publikum jubelt.
Die AfD hat im E-Werk keinen Platz. Die FDP aber auch nicht. Die Lindner-Boys treten auf und wollen die letzten Menschen aus den Fußgängerzonen zu Gunsten der Autofahrer vertreiben. Und die Millionäre endlich steuerlich entlasten, vor allem die Erbschaftssteuer abschaffen.
Bundestagswahl mitten in der Session
Überhaupt die Bundestagswahl. Vier Tage vor Weiberfastnacht und acht Tage vor Rosenmontag. Ein Unding für die Sitzungspräsidentin Biggi Wanninger. So etwas müsse doch mit den Karnevalisten abgesprochen werden. Jetzt hätte man den Merz schon im Februar, folgert Biggi. Ein wokes Thema findet erstmals Einzug. Achtsamkeit auch im Sitzungskarneval. Der Tusch zu militaristisch, das Dreigestirn im Schongang und der Tanzoffizier der blauen Funken kommt ohne Mariechen nur mit Laptop. Das Mariechen ist im Homeoffice.
Ein furioses Ende bieten die Schotten, die Kölner Lieblingsgäste seit der diesjährigen Fußball-EM. Sie wandern in Massen nach Köln ein, weil hier das Bier billiger und das Wetter besser ist. Die Stunksitzung hatte in der Vergangenheit auch schon mal Formkrisen. Die sind in dieser Spielzeit nicht zu erkennen. Das Publikum, bestehend aus fast allen Altersgruppen, feiert das nicht gerade jugendliche Ensemble. Tickets sind fast alle weg. Im Februar übertragt das WDR-Fernsehen aber leicht gekürzt das Programm.
Unsere Quelle:
- Reporter vor Ort