Medizin-Nobelpreis geht an Svante Pääbo

Stand: 03.10.2022, 19:13 Uhr

Der Nobelpreis für Medizin geht in diesem Jahr an den Schweden Svante Pääbo. Er erhält die Auszeichnung für seine Erkenntnisse zur menschlichen Evolution. Seine Kollegen warfen ihn nach Verkündung und Umtrunk erstmal ins Wasser.

"Ich habe es noch nicht ganz verdaut", sagte Pääbo am Montag in Leipzig. "Das Handy spielt seit einigen Stunden verrückt." Die Auszeichnung sei "natürlich supertoll", auch für die Arbeitsgruppe und das Forschungsfeld. Zunächst habe er das alles nicht glauben wollen und angenommen, er solle hereingelegt werden, sagte der 67-Jährige. "Ich dachte zuerst: Kann das jetzt ein Scherz sein?"

Preisträger landet im hohen Bogen im Wasserbecken

Svante Pääbo wird in Leipzig von Kollegen ins Wasser geworfen. | Bildquelle: dpa/Hendrik Schmidt

Einen echten Scherz unter Wissenschaftlern nach einer Pressekonferenz und einem Umtrunk am Nachmittag nahm Pääbo mit Humor: Einige Kollegen warfen ihn im hohen Bogen in ein Wasserbecken im Innenhof des Leipziger Max-Planck-Instituts. Pääbo planschte ein wenig mit den Füßen und lachte über die Aktion, bevor er herauskrabbelte und klatschnass im Institut verschwand.

Begründer der Paläogenetik

Svante Pääbo wird für die Sequenzierung des Genoms der Neandertaler und die Begründung der Paläogenetik ausgezeichnet, wie das Nobel-Komitee am Montag in Stockholm mitteilte. "Er hat es geschafft, ausgestorbene Menschenarten so darzustellen, das man herausfinden kann: Was macht uns heute einzigartig?" erklärt Michael Stang aus der WDR-Wissenschaftsredaktion.

Das gelang Pääbo, indem er alte DNA erforschte. Er untersuchte das Erbgut aus Knochen und Zähnen der Neandertaler. "Pääbo schaffte es, das Erbgut zu sequenzieren. Dadurch kann man es so darstellen, dass es mit dem von heute lebenden Menschen vergleichbar wird."

Seine Grundlagenforschung ermöglichte es damit auch, biologische Komponenten bei Sucht-Erkrankungen oder beispielsweise Allergien zu erklären. Zunächst forschte Pääbo an der Ludwig-Maximilians-Universität München, ab 1997 dann am Max-Planck-Institut für evolutionäre Anthropologie in Leipzig.

Nominierte sind geheim

Am Dienstag und Mittwoch folgen die Auszeichnungen in Physik und Chemie. Am Donnerstag und Freitag dann die ebenso renommierten Preise in Literatur und Frieden. Zum Abschluss wird am kommenden Montag der Preis für Wirtschaftswissenschaften vergeben.

Alle Nobelpreise sind in diesem Jahr erneut mit zehn Millionen schwedischen Kronen pro Kategorie dotiert. Umgerechnet sind das derzeit knapp 920.000 Euro. Bis auf den in Oslo gekürten Friedensnobelpreisträger werden alle weiteren Preisträgerinnen und Preisträger in Stockholm verkündet.

Wer für die Auszeichnungen nominiert wurde, wird von den unterschiedlichen Vergabe-Institutionen traditionell streng geheim gehalten. Häufig wird die Auszeichnung zwei oder drei Wissenschaftlern zusammen zugesprochen, die zum Beispiel gemeinsam zu einem Themenfeld geforscht haben. Sie teilen sich das Preisgeld dann.

Gemeinsame Ehrungen nach Corona-Jahren

Nach zwei Jahren mit Corona-Beschränkungen und stark reduzierten Zeremonien setzt die Nobelstiftung darauf, dass die in Stockholm ausgezeichneten Persönlichkeiten diesmal gebührend vor Ort gefeiert werden können - und zwar gemeinsam mit ihren Kolleginnen und Kollegen aus den beiden Vorjahren.

"In diesem Jahr bringen wir nicht nur die diesjährigen Preisträger, sondern auch die Preisträger von 2020 und 2021 nach Stockholm", sagte der Direktor der Nobelstiftung, Vidar Helgesen. "Es wird das größte Treffen von Nobelpreisträgern seit sehr langer Zeit sein."

Preisstifter Alfred Nobel

Der Erfinder des Dynamits | Bildquelle: afp

Bis auf den Wirtschaftsnobelpreis gehen alle Auszeichnungen auf das Testament von Preisstifter und Dynamit-Erfinder Alfred Nobel (1833-1896) zurück. Darin hatte Nobel bestimmt, dass der Großteil seines verbliebenen Kapitals angelegt werden solle und die Zinsen daraus als Preise an diejenigen gehen sollen, die "im vergangenen Jahr der Menschheit den größten Nutzen erwiesen haben".

Überreicht werden die Nobelpreise traditionell an Nobels Todestag am 10. Dezember – der Friedensnobelpreis in Oslo, alle weiteren Auszeichnungen in Stockholm. Dabei erhalten die Ausgewählten auch ihre prestigeträchtigen Nobelmedaillen und Diplome.