Betrug mit Coronatests: Medican-Prozess wird neu aufgerollt
Lokalzeit Ruhr. 19.02.2024. 02:30 Min.. Verfügbar bis 18.05.2026. WDR. Von Rainer Kuka.
Betrug mit Coronatests: Medican-Prozess wird neu aufgerollt
Am Landgericht Bochum wird seit Montag der Prozess um einen der größten Betrugsskandale mit Coronatests neu aufgerollt. Ein Bochumer Geschäftsmann hatte mit seiner Firma Medican fast eine Million Tests abgerechnet, die nie durchgeführt wurden.
Von Thomas Becker
In einem ersten Prozess ist der Angeklagte im Juni 2022 bereits verurteilt worden – zu sechs Jahren Haft wegen gewerbsmäßigen Betrugs. Vor Gericht hatte der 51-Jährige ein Geständnis abgelegt, die Strafe hätte ansonsten weit höher ausfallen können.
Erstes Urteil aufgehoben
Außerdem ließen die Richter den Geschäftsmann nach dem Urteil im Juni 2022 aus der Untersuchungshaft frei. Seitdem ist er auf freiem Fuß. Denn trotz der Absprache mit dem Gericht legte die Verteidigung Revision gegen das Urteil ein - mit Erfolg.
Der Bundesgerichtshof hob den Schuldspruch auf, wegen eines Fehlers bei der Prozessführung. Der Richter hatte in einer Sitzungspause ein wichtiges Gespräch mit den Verteidigern geführt. Darüber hätte er in der öffentlichen Verhandlung informieren müssen. Das hat er versäumt und damit gegen die Strafprozessordnung verstoßen.
Rechercheteam hat Betrug aufgedeckt
Deshalb muss jetzt erneut verhandelt werden über den Betrugsskandal, den ein Rechercheteam von WDR, NDR und Süddeutscher Zeitung im Frühjahr 2021 aufgedeckt hatte. Zu dieser Zeit betrieb die Firma Medican mehr als 50 Corona-Testzentren, die meisten in Nordrhein-Westfalen.
Die Journalisten zählten an mehreren Standorten mit, wieviel in den Teststationen tatsächlich getestet wurde. Dann verglichen sie das Ergebnis mit den von Medican gemeldeten Zahlen. Die lagen um ein Vielfaches höher.
24 Millionen Euro Schaden
Im ersten Urteil 2022 attestierte der Richter dem Angeklagten eine "hohe kriminelle Energie“ und sagte: "Er handelte mit einer Selbstbedienungsmentalität, die ihresgleichen sucht.“ Den Betrugsschaden bezifferte er auf mehr als 24 Millionen Euro. Doch das alles ist hinfällig.
Eine andere Strafkammer muss jetzt so verhandeln, als habe es das erste Verfahren und das Geständnis nie gegeben. Das Risiko, dass ein härteres Urteil fällt, hat der Anklagte nicht. Die mögliche Strafe darf nicht höher ausfallen als im ersten Prozess.