Unterrichtsausfall wegen Lehrermangel - für Schülerinnen und Schüler in Deutschland ist das keine Seltenheit. Allein in NRW waren Anfang Dezember mehr als 8.000 Stellen unbesetzt. Am Freitagmittag hat eine Experten-Kommission der Kultusministerkonferenz (KMK) ihre Lösungsvorschläge präsentiert. Diese sehen unter anderem vor, dass Teilzeit begrenzt werden soll, Klassen wo möglich vergrößert und Lehrkräfte befristet zu mehr Unterrichtsstunden verpflichtet werden könnten.
Lehrermangel: Naturwissenschaften besonders betroffen
"Betroffen sind insbesondere die naturwissenschaftlichen Fächer", sagte Felicitas Thiel von der Experten-Kommission. Besonders bemerkbar mache sich der Lehrermangel aber auch in den Fächern Kunst und Musik.
Die Lösungsvorschläge der Experten würden zum Teil bereits in die Praxis umgesetzt, betonte Kommissionsmitglied Olaf Köller. Die Länder hätten "in ihrer Not" schon viele Maßnahmen übernommen.
Lehrermangel: Das sind die Empfehlungen der Experten
1. Erschließung von Beschäftigungsreserven
- Der Renteneintritt, die Teilzeitbeschäftigung und die Reduktion der Unterrichtsverpflichtung aus Altersgründen sollte an die aktuelle Situation angepasst werden.
- Es sollte die Möglichkeit geprüft werden, ob Lehrkräfte befristet zu mehr Unterrichtsstunden verpflichtet werden können.
- Im Ausland erworbene Abschlüsse sollten leichter anerkannt werden.
- Lehrkräfte sollten vermehrt an Schulen mit besonderem Bedarf abgeordnet werden.
- Lehrerinnen und Lehrer sollten von Organisations- und Verwaltungsaufgaben entlastet werden.
2. Ausweitung des Potenzials
- Gymnasiallehrkräfte sollten für andere Schulformen weiterqualifiziert werden.
- Lehrkräfte sollte für Mangelfächer (zum Beispiel Physik und Musik) verstärkt nachqualifiziert werden.
3. Entlastung und Unterstützung durch Studierende etc.
Qualifizierte Lehrkräfte sollten durch Studierende und andere "formal nicht (vollständig) qualifizierte Personen" entlastet und unterstützt werden.
4. Flexibilisierung des Lehrkräfte-Einsatzes
- Es sollte mehr Hybridunterricht geben.
- Die Selbstlernzeiten von Schülerinnen und Schülern sollten erhöht werden.
- Es sollte geprüft werden, ob sich Schulklassen vergrößern lassen.
5. Maßnahmen zur Gesundheitsförderung
- Achtsamkeitstrainings und eMental-Health-Angebote
- Coaching- und (Gruppen-) Supervisionsangebote
- Kompetenztrainings zur Klassen- und Gesprächsführung
- Sensibilisierung und Unterstützung von Schulleitungen
6. Seiten- und Quereinstieg: Modelle weiterentwickeln
Von Modellen des Quer- und Seiteneinstiegs sollte es eine Bestandsaufnahme und Bewertung geben - und sie sollten weiterentwickelt werden.
KMK-Präsidentin verteidigt Anwerben von Quereinsteigern
Am verstärkten Anwerben von Seiten- und Quereinsteigern war zuletzt deutliche Kritik geäußert worden. Die Berliner Bildungssenatorin und Präsidentin der Kultusministerkonferenz, Astrid-Sabine Busse (SPD), verteidigte nun am Freitag im ZDF-"Morgenecho" ein solches Anwerben:
"Damit haben wir hier in Berlin auch sehr gute Erfahrungen mit. Die qualifizieren wir auch weiter. Wenn sie fertig sind, sind sie voll ausgebildete Lehrerinnen und Lehrer", sagte Busse. Quer- und Seiteneinsteiger seien keine Notlösung, betonte Busse.
Es sei ein demografisches Problem, begründete Busse den Lehrkräftemangel, der zu den brennendsten Themen der Bildungspolitik gehört. "Es müssen mehr junge Menschen an diesen Beruf herangeführt werden. Die Universitäten müssen mehr ausbilden", so Busse.
KMK: Bis 2025 fehlen 25.000 Lehrerinnen und Lehrer
Momentan und auf absehbare Zeit kommen nicht genügend ausgebildete Lehrkräfte nach, die angesichts der Entwicklung der Schülerzahlen und der Abgänge von Lehrkräften in den Ruhestand gebraucht würden.
Berechnungen der KMK hatten ergeben, dass zwischen 2021 und 2035 im Schnitt jährlich etwa 1.600 Lehrkräfte fehlen dürften. Bis 2025 sollen laut KMK rund 25.000 Lehrkräfte fehlen. Pessimistischere Prognosen gehen von einer deutlich größeren Zahl aus.
Aktuell sind nach Angaben der Kultusministerien der Länder mehr als 12.000 Lehrerstellen unbesetzt, wie eine Umfrage des Redaktionsnetzwerks Deutschland (RND) in den 16 Bundesländern gezeigt hatte.