Gespart werden soll unter anderem durch den Abbau von klimaschädlichen Subventionen. Für die Landwirtschaft bedeutet das ganz konkret, dass die Steuerbegünstigungen für Agrardiesel abgeschafft werden sollen. Aktuell zahlen Verbraucher rund 47 Cent Steuern pro Liter Diesel. Landwirte erhalten davon beim Agrardiesel etwa 21 Cent zurück. Zusätzlich könnte die Befreiung landwirtschaftlicher Fahrzeuge von der Kfz-Steuer wegfallen.
Bei den Bauern stößt das auf harte Kritik. "Dieses Vorhaben ist eine Kampfansage an die deutsche Landwirtschaft und an uns Bauernfamilien", sagte der Präsident des Deutschen Bauernverbandes, Joachim Rukwied. Durch die Streichung der Subventionen werde der Landwirtschaft die Unterstützung in Höhe von fast einer Milliarde Euro entzogen.
Rukwied: Kürzungen bei Agrardiesel ein "No-Go"
Erst in der vergangenen Woche hatte Rukwied noch betont, dass Kürzungen beim Agrardiesel ein "No-Go" seien. Seine Mahnungen fanden offenbar kein Gehör bei den Entscheidungsträgern. "Die Bundesregierung hat offensichtlich kein Interesse an einer funktionierenden und wettbewerbsfähigen Landwirtschaft in Deutschland", so Rukwied. Eine Streichung würde Lebensmittel deutlich verteuern. In der "Rheinischen Post" kündigte er zudem Proteste an.
Die gab es in einigen Teilen von Deutschland auch bereits: In Würzburg etwa sind mehrere Bauern bei einer spontanen Demo am Donnerstagmorgen mit ihren Traktoren durch die Stadt gefahren und haben den Berufsverkehr ausgebremst. Auch vor dem Landtag in Magdeburg haben Landwirte aus Sachsen-Anhalt mit ihren Traktoren demonstriert.
NRW-Landwirtschaftsministerin kritisiert Beschluss
Auch NRW-Landwirtschaftsministerin Silke Gorißen kritisiert den Beschluss: "Uns ist wichtig, dass Produkte aus der Region kommen und eine solche Beschlussvorlage widerspricht dem. Wer den Landwirten hier das Leben schwer macht, schafft eigentlich nur eins: Dass wir Produkte aus dem Ausland importieren. Und das ist klimaschädlich."
Steigen die Lebensmittelpreise wieder?
In Aufruhr sind auch Verbände in NRW. Der Präsident des Westfälisch-Lippischen Landwirtschaftsverbands, Hubertus Beringmeier, sagte am Donnerstag, dass Kürzungen im Bundeshaushalt nicht auf dem Rücken kleiner und mittelständischer Landwirtschaftsbetriebe ausgetragen werden dürften. Die zusätzlichen Steuerbelastungen hätten "massive Kostensteigerungen für unsere Betriebe und Preissteigerungen bei Lebensmitteln für Verbraucherinnen und Verbraucher" zur Folge.
Für einen durchschnittlichen Betrieb stellten diese zusätzlichen Kosten eine Belastung von rund 100 Euro pro Hektar landwirtschaftlicher Nutzfläche dar, rechnete Erich Gussen*, Vize-Präsident des Rheinischen Landwirtschaftsverbands, im WDR vor. Es gebe auch Betriebe, die noch stärker betroffen sind, beispielsweise auch einige Öko-Betriebe, die arbeitsintensiv seien. "Ein durchschnittlicher Betrieb in NRW ist 70 Hektar groß, das sind dann 7000 Euro, wovon ein Betrieb betroffen ist."
Der Rheinische Landwirtschafts-Verband teilte dazu in einem Statement mit, die vorgestellten Haushaltspläne würden "die heimische Landwirtschaft im Vergleich zu den übrigen Wirtschaftsbereichen über das Maß" belasten. Für die rheinischen Landwirte sei das nur schwer zu kompensieren sind und müsse zu höheren Lebensmittelpreisen führen. Der Verband fordert in dem Statement alle Bundestagsabgeordneten auf, "sich gegen diese Pläne zu stemmen".
Landwirtin: "Dürfen wir nicht hinnehmen"
"Für uns kommt nächstes Jahr ein riesen Batzen zusätzlich an Kosten dazu", sagte Landwirtin Mechthild Hawig aus Haltern am See dem WDR. "Es kann doch nicht sein, dass man die Produktivität der Landwirtschaft, der Lebensmittel, so herunterwirtschaften will."
"Wir haben so hohe Standards und Auflagen und produzieren Top-Lebensmittel." Das müsse aber auch bezahlt werden. Lebensmittel bräuchten schließlich alle – auch Politiker. Sie sei deshalb sprachlos und appellierte: "Das dürfen wir nicht hinnehmen und das dürfen auch die Verbraucher nicht hinnehmen, weil die es letztlich auch zahlen."
Umweltbundesamt: Subvention von Agrar-Diesel klar klimaschädlich
Das Umweltbundesamt, das UBA, hatte 2021 in einem Bericht verschiedene Subventionen aus der Klimaschutz-Perspektive überprüft. Die Agrardieselsubvention wurde dabei als klar klimaschädlich identifiziert. Auch ein im Auftrag des Bundesfinanzministeriums durchgeführtes Monitoring der Subvention kommt zu dem Ergebnis, dass die Agrardieselsubvention die Wettbewerbsfähigkeit der Landwirtschaft in Deutschland nur wenig unterstützt.
Im Bericht wird vorgeschlagen, die Subvention abzuschaffen, aber die Landwirte dafür an anderer Stelle zu entlasten. Mit Subventionen, die klimafreundliches Verhalten belohnen und eben nicht den Diesel günstiger machen.
Özdemir nicht zuständig?
Bundesagrarminister Cem Özdemir selbst ist mit den aktuellen Haushaltsplänen offenbar nicht glücklich. Ihm sei bewusst, dass jeder in dieser schwierigen Haushaltslage einen Beitrag leisten müsse, sagte der Grünen-Politiker am Mittwoch. Er habe aber immer davor gewarnt, die Landwirtschaft überproportional zu belasten. "Wenn sowohl Agrardieselbeihilfe als auch Kfz-Steuer-Befreiung gestrichen werden, ist dies der Fall. Das halte ich für problematisch."
Özdemir betonte aber auch, dass er das Thema Agrardiesel nicht verhandelt habe. Die Zuständigkeit für die Agrardieselbeihilfe liege im Finanzministerium, ihm seien die Ergebnisse nur mitgeteilt worden.
Auch FDP-Fraktionsvize Carina Konrad sagte, es gebe bessere Alternativen, als direkt bei den Landwirten zu kürzen. "Cem Özdemirs Haushalt bietet ausreichend Anhaltspunkte, einzelne Privilegien zu kürzen, statt die Agrardieselvergütung zu streichen, die alle Betriebe betrifft." Er habe die Verantwortung dafür, wie er seinen Haushalt gestalte. Finanzminister Christian Lindner (FDP) gebe nur den Rahmen vor.
Unsere Quellen:
- Deutscher Bauernverband (Pressemitteilung vom 13.12.2023)
- Rheinischer Landwirtschafts-Verband (Pressemitteilung vom 14.12.2023)
- Westfälisch-Lippischer Landwirtschaftsverband (Pressemitteilung vom 14.12.2023)
- Agenturmeldungen von dpa und AFP
*Hinweis: Erich Gussen ist stellvertretendes Mitglied des WDR-Rundfunkrats.