SPD läutet in Essen den Wahlkampf ein
Stand: 02.04.2022, 14:26 Uhr
Bundeskanzler Olaf Scholz wird auf dem Essener Burgplatz reden. Auch die Parteichefs Saskia Esken und Lars Klingbeil reisen an, um SPD-Spitzenkandidat Thomas Kutschaty Schützenhilfe zu leisten. Die SPD in NRW hofft auf Rückenwind aus Berlin.
Von Wolfgang Otto
Eine Szene vom vergangenen Dienstag: Bundeskanzler Olaf Scholz ist in den Düsseldorfer Landtag gekommen, um die Genossen aus NRW im Wahlkampf zu unterstützen. Lange Schlangen bilden sich vor dem SPD-Star aus Berlin. Der 16-jährige Philip Oppermann aus Krefeld ergattert ein Selfie mit dem Kanzler. Er ist wegen Scholz gekommen, sagt er.
Thomas Kutschaty ist an diesem Tag weit weniger umschwärmt. Doch er genießt sichtlich den Glanz, der vom Spitzenmann aus Berlin auch auf ihn abstrahlt. „Das ist sehr wichtig für uns,“ sagt Kutschaty. Er freue sich immer, wenn Olaf Scholz in NRW sei. So lange schon habe es keinen sozialdemokratischen Bundeskanzler mehr gegeben. Auch Expertinnen und Experten glauben, dass Scholz Kutschaty Rückenwind geben könnte.
Ampel-Visionen am Rhein
Scholz steht für den Wiederaufstieg der SPD zur Regierungspartei. Und genau das sollen die Menschen vor der Wahl in NRW auch zu sehen bekommen. Der SPD-Sieg im Saarland liefert weitere Schubkraft. Und deshalb wächst bei den Sozialdemokraten an Rhein und Ruhr die Zuversicht: Eine Ampel-Regierung wie in Berlin könnte es womöglich auch bald in Düsseldorf geben.
Im Wahlkampf soll die Idee die Phantasie der Wähler und Wählerinnen beflügeln: Eine sozialdemokratisch geführte Regierung am Rhein könnte Hand in Hand arbeiten mit der Ampel-Regierung an der Spree. Auch Kutschaty nährt das Bild vom glücklichen Miteinander von Land und Bund – unter sozialdemokratischer Führung, versteht sich. Kutschaty: „Es ist wichtig, dass der Kanzler auch Ministerpräsidenten und Ministerpräsidentinnen an seiner Seite hat, die nicht immer nur nach Berlin zeigen und Verantwortung abschieben.“
Bei Bund-Länder-Treffen hätte Scholz einen Ministerpräsidenten Thomas Kutschaty gerne an seiner Seite, ließ der Kanzler kürzlich durchblicken. Doch wie sehr sollte die NRW-SPD im Wahlkampf auf bundespolitische Themen setzen? Diese Frage wird unter Sozialdemokraten an Rhein und Ruhr derzeit heiß diskutiert. Das Problem: Niemand kann vorhersagen, wie die Ampel in Berlin am Wahltag in NRW beim Wähler dasteht.
Landespolitische Kernpunkte
Außerdem lautet eine Lehre aus der gewonnenen Saarland-Wahl: Bei Landtagswahlen zählen vor allem landespolitische Themen. Deshalb will sich die NRW-SPD auf vier Kernpunkte konzentrieren:
- Bildungs-Gerechtigkeit: Die Schulen sollen besser ausgestattet werden, insbesondere in schwierigen Stadtteilen. Kita-Gebühren will die SPD abschaffen.
- Bezahlbare Mieten: Die NRW-SPD will mehr bezahlbarer Wohnraum schaffen, auch mithilfe einer landeseigenen Wohnungsbaugesellschaft. Ähnlich wie im Bundestagswahlkampf nennt die SPD klare Zielmarken: 100.000 neue Wohnungen pro Jahr, davon 25.000 mit preisgünstigen Mieten.
- Bessere Krankenhäuser: Statt Krankenhäuser zu schließen, will sie die SPD besser ausstatten.
- Zukunftsfeste Arbeitsplätze: Den umweltgerechten Umbau der NRW-Industrie will die SPD mit viel staatlichem und privatem Geld anschieben. 30 Milliarden Euro will die SPD für Klimaschutz und Beschäftigung bereit stellen.
Gerade auf den Kompetenzfeldern Wirtschaft und Arbeit haben die Wahlstrategen der SPD Schwächen beim politischen Hauptgegner ausgemacht, der CDU. So versprach Thomas Kutschaty vor einigen Tagen, eine von ihm geführte Landesregierung werde sich am krisengeschüttelten Duisburger Stahlkonzern Thyssenkrupp beteiligen. „So kann es gelingen, das Unternehmen zu stabilisieren und in eine grüne Zukunft zu führen“, sagt Kutschaty.
Thomas wer?
Nach der verlorenen Landtagswahl 2017 hat sich der 53-jährige Jurist gegen einige Widerstände in der NRW-SPD hochgekämpft: erst an die Fraktionsspitze, dann an die Parteiführung und schließlich bis zum Posten des Spitzenkandidaten der NRW-SPD für das Amt des Ministerpräsidenten.
Wer sich für Landespolitik interessiert, kennt Thomas Kutschaty. Als ehemaligen Justizminister im Kabinett von Hanelore Kraft. Als Rebellen gegen die GroKo in Berlin.
Doch dem breiten Publikum, ist der Sohn eines Eisenbahners aus Essen-Borbeck bisher weitgehend unbekannt geblieben. Sein Kontrahent, Ministerpräsident Hendrik Wüst, profitierte dagegen von seiner großen Medienpräsenz als Vorsitzender der Ministerpräsidenten-Konferenz. „Bekanntheit ist nicht gleich Beliebtheit“, hält Kutschaty trotzig dagegen.
Um Person und Partei bekannt zu machen, setzt die NRW-SPD in den nächsten Wochen vor allem auf intensiven Haustürwahlkampf. Auch ein Rezept, das im Bundestagswahlkampf gut funktioniert hat. Und gerade noch rechtzeitig sind auch große Publikums-Veranstaltungen in Hallen und auf Plätzen wieder möglich. Dank der jüngsten Corona-Lockerungsübungen der Ampel in Berlin.