Der Trend zu einer ruppigeren Atmosphäre im NRW-Landtag hält an. Seit dem Start der laufenden 18. Wahlperiode vor gerade einmal zwei Jahren sind bereits 83 Ordnungsmaßnahmen ergriffen worden, wie der Landtag auf WDR-Anfrage mitteilte.
So gab es bislang 77 "nicht förmliche Rügen" (davon 52 gegen die AfD, die SPD folgt auf dem zweiten Rang mit 13) und sechs Ordnungsrufe (fünf davon gegen die AfD, einer gegen die Grünen). Damit deutet sich schon jetzt ein Anstieg gegenüber der vergangenen Wahlperiode an. Landtagspräsident André Kuper (CDU) spricht mit Blick auf die Ordnungsmaßnahmen auch von "gelben Karten".
Zunahme seit Einzug der AfD
In der letzten, der 17. Legislaturperiode, waren es nämlich insgesamt 113 Ordnungsmaßnahmen. In den fünf Jahren zwischen 2017 und 2022, als die AfD erstmals im Landtag vertreten war, bedeutete dies einen krassen Anstieg gegenüber vorherigen Legislaturperioden.
Zum Vergleich: In der 16. Wahlperiode (2012 bis 2017) wurden insgesamt nur drei Ordnungsrufe und 20 Rügen ausgesprochen. In der kurzen 15. Wahlperiode (2010 bis 2012) davor waren es acht Rügen und ein Ordnungsruf.
NS-Vergleiche und Kraftausdrücke
Einige Beispiele aus der aktuellen Wahlperiode: Sven Tritschler (AfD) handelte sich im Mai 2024 eine "nicht förmliche Rüge" ein, weil er bei einer Landtagssitzung laut Parlamentspräsidium einen "Vergleich der EU-Ostpolitik mit der NS-Expansionspolitik" gezogen hatte. Es war nicht der einzige Vergleich mit der Nazi-Zeit, der bei Debatten im Landtag in Düsseldorf beanstandet wurde.
Im Februar erhielt Staatskanzlei-Chef Nathanael Liminski (CDU) einen "rügeähnlichen Hinweis", weil der Minister mit Blick auf die AfD von einem "Saustall" gesprochen hatte. Alle Ordnungsmaßnahmen sind in den Plenarprotokollen des Landtags nachzulesen.
Neues Ordnungsgeld eingeführt
Als Reaktion auf die Zunahme von Pöbeleien und Beleidigungen im Parlament hatte der nordrhein-westfälische Landtag Anfang 2024 ein Ordnungsgeld eingeführt. Seitdem kann der Präsident "gegen ein Mitglied des Landtags, auch ohne dass ein Ordnungsruf ergangen ist, ein Ordnungsgeld in Höhe von 1.000 Euro festsetzen".
NRW-Landtagspräsident Kuper hatte die Einführung des Ordnungsgelds begrüßt. "Wer die Demokratie verspottet oder andere Abgeordnete verhöhnt, muss künftig mit spürbaren Sanktionen rechnen", sagte der CDU-Politiker im Januar. Das Ordnungsgeld sei "ein scharfes und wirksames Schwert gegen die Verrohung der Sprache und gezielte Störungen". Verhängt wurde die Strafe in NRW bisher noch nicht.
Im Bundestag soll künftig ein Ordnungsgeld fällig werden, wenn ein Abgeordneter innerhalb von drei Sitzungswochen drei Ordnungsrufe kassiert. Die Höhe des bereits bestehenden Ordnungsgeldes im Bundestag soll außerdem verdoppelt werden - also auf 2.000 Euro steigen, beziehungsweise 4.000 Euro im Wiederholungsfall.
Mitarbeit: Sophie Rhinow