Die gute Nachricht zuerst: Bis zum Jahresende bleibt der Preis von 49 Euro für das Deutschlandticket stabil. Das sagte NRW-Verkehrsminister Oliver Krischer (Grüne) am Montag nach einer Sondersitzung mit seinen Kollegen aus den anderen Bundesländern. Allerdings werde der Preis für die Nahverkehrs-Flatrate im kommenden Jahr steigen. "Nach Lage der Dinge gehen wir davon aus, dass der Preis von 49 Euro nicht zu halten sein wird", sagte Krischer.
Wie teuer es wird, ist noch nicht klar. Die Preisanhebung solle "so moderat wie möglich" ausfallen, so Krischer. Die Entscheidung soll im Oktober getroffen werden, wenn nach gut einem Jahr Deutschlandticket endlich klar ist, wie hoch die Einnahmeausfälle durch das preiswerte Monats-Abo tatsächlich sind.
Dauerstreit zwischen Bund und Ländern
Seit es vor gut 14 Monaten eingeführt wurde, wird um die Finanzierung des Deutschlandtickets gestritten. Und die Töne in diesem Streit wurden in den vergangenen Tagen ziemlich schrill: Vor dem vorzeitigen Aus warnen manche, andere vor einem "Flickenteppich" oder vor massiven Preissteigerungen. Die Sonderkonferenz der Landesverkehrsminister an diesem Montag hat die erhitzte Diskussion nur ein wenig abgekühlt.
Der Streit zwischen der Bundesregierung und den Bundesländern dreht sich um zwei Punkte: Erstens um Geld für das laufende Jahr, das der Bund im letzten Herbst zugesagt hatte, das aber bei den Ländern noch nicht angekommen ist. Und zweitens geht es um die langfristige Finanzierung des Deutschlandtickets - wobei die Langfristigkeit schon zum 1. Januar 2025 beginnt.
Neuer Streitpunkt: Schüler- und Seniorentickets
Für das laufende Jahr hatte die Bunderegierung im vergangenen November zugesichert, dass nicht verbrauchtes Geld aus dem letzten Jahr nach 2024 übertragen wird, damit der Preis von 49 Euro vorerst konstant gehalten werden kann. Grundsätzlich hatten Bund und Länder vereinbart, dass beide Seiten je 1,5 Milliarden für das Deutschlandticket geben. Weil das Ticket aber erst zum 1. Mai 2023 eingeführt wurde, blieb Geld übrig. Dabei geht es um einen hohen dreistelligen Millionenbetrag. Um dieses Geld aber ins nächste Haushaltsjahr 2024 zu übertragen, muss erst das Regionalisierungsgesetz geändert werden. Und genau das steht immer noch aus. Nach neuen Informationen aus Berlin vom Montag soll das Gesetz jetzt aber noch im Sommer durch den Bundestag gehen.
Diese Zusage begrüßten die Bundesländer am Montag einhellig. Allerdings beklagten sie ebenso einhellig einen Passus in dem Gesetzentwurf, von dem sie bisher nichts wussten: Danach will der Bund den Ländern angeblich verbieten, dass sie Deutschlandtickets für Senioren, Schüler oder andere Gruppen wie bisher auch künftig weiter mit Geld aus den Regionalisierungsmitteln verbilligen. Er sei "sehr erstaunt", dass der Bund diesen Passus in das Gesetz einbringe, sagte Krischer. Das sei kontraproduktiv, weil es "Leute wieder aus dem Ticket heraustreibt". Hunderttausende Abos drohten verloren zu gehen.
Die Länderminister setzen jetzt darauf, dass sie durch politischen Druck auf Bundesverkehrsminister Volker Wissing diese Regelung noch kippen können, bevor das Gesetz verabschiedet wird.
Wie teuer wird es ab 2025?
Erst vor wenigen Tagen hatte Wissings Parteichef, Bundesfinanzminister Christian Lindner (FDP), die Diskussion um die Zukunft des Deutschlandtickets weiter angefacht, als er erklärte, die Politik müsse irgendwann entscheiden, "ob wir eher in die Schiene investieren wollen oder ob der Preis von 49 Euro bleiben soll." Damit zielt Lindner auf den wunden Punkt des Deutschlandtickets: die längerfristige finanzielle Absicherung.
Zwar haben 11 Millionen Menschen inzwischen ein Abo abgeschlossen. Die meisten von ihnen hatten allerdings schon zuvor ein Abo für den Nahverkehr. Nach Zahlen des Verbandes Deutscher Verkehrsunternehmen (VDV) sind nur acht Prozent der Ticket-Nutzer Abo-Neukunden.
Das heißt, der Zuwachs ist übersichtlich, die Mindereinnahmen der Verkehrsunternehmen wegen des günstigen Ticketpreises aber sind beträchtlich. Und zwar so beträchtlich, dass an weitere Investitionen in mehr Busse und Bahnen, Schienen und Personal kaum zu denken ist. Genau dies aber wäre notwendig, um den ÖPNV für deutlich mehr Menschen attraktiv zu machen und sie zum Umstieg zu bewegen.
Wenn die Länder im Herbst höhere Ticketpreise beschließen, stecken sie in genau diesem Dilemma: Halten sie das Deutschlandticket so günstig wie möglich, oder investieren sie in die Infrastruktur?