Protest und Solidarität von NRW bis Spanien
Aktuelle Stunde. 26.08.2023. 33:27 Min.. UT. Verfügbar bis 26.08.2025. WDR. Von Dorothea Schluttig.
Kuss-Eklat bei Fußball-WM: Reaktionen aus Deutschland und NRW
Stand: 26.08.2023, 20:37 Uhr
Die Fronten im spanischen Kuss-Eklat bei der Siegerehrung der Fußball-WM sind verhärtet: Spaniens Spielerinnen wollen streiken, der Verband droht Weltmeisterin Hermoso mit Klage. So reagieren Spielerinnen, Spieler und Trainer aus Deutschland.
Freiwillig wollte der spanische Verbandschef Luis Rubiales nach dem Kuss-Eklat bei der Fußball-Frauen-WM nicht zurücktreten. Auf der Sondersitzung des spanischen Fußballverbandes erklärte der Verbandschef, er sei Opfer einer Kampagne und prangerte eine "soziale Hinrichtung" an.
Doch das Disziplinarkomitee des Fußball-Weltverbandes FIFA hat Rubiales heute vorläufig gesperrt. Noch während die oberste spanische Sportbehörde CSD beim nationalen Sportgerichtshof die Suspendierung von Rubiales beantragte, ging der spanische Fußballverband zum Gegenangriff über: Der Verband wirft Hermoso vor, zu lügen und drohte rechtliche Schritte an.
Daraufhin erklärte fast das gesamte Trainerteam der spanischen Weltmeisterinnen aus Solidarität mit Spielerin Jennifer Hermoso den Rücktritt. Die 23 Spielerinnen der spanischen Fußballnationalmannschaft kündigten an, unter der aktuellen Verbandsspitze nicht mehr für ihr Land anzutreten. Auch Trainer und Trainerinnen von Jugendmannschaften schlossen sich dem Schritt an, darunter auch die für die Mannschaften der U19 und U17 zuständigen Sonia Bermúdez und Kenio Gonzalo.
Solidarität für Hermoso auch aus Deutschland
Die deutschen Fußballerinnen haben sich in der Rubiales-Affäre den globalen Solidaritätsbekundungen für die streikenden Weltmeisterinnen aus Spanien um Jennifer Hermoso angeschlossen. "Team Deutschland ist bei Euch", wurde am Samstag als Botschaft über den offiziellen Instagram-Kanal der DFB-Frauen geteilt: "@jennihermoso & Team, Ihr habt unseren vollen Support!"
Trainer Xabi Alonso von Bayer Leverkusen hat den Rücktritt des durch den Kuss-Skandal heftig in die Kritik geratenen spanischen Verbandschefs Luis Rubiales gefordert. "Das war nicht akzeptabel", sagte Spaniens früherer Welt- und Europameister vor dem Bundesligaspiel bei Borussia Mönchengladbach am Samstag dem TV-Sender Sky: "Es ist klar: Er kann nicht bleiben in dieser Situation." Alle Menschen hätten sehen können, was passiert sei, ergänzte Alonso.
Rummenigge: "Absolut okay"
Aufsichtsratsmitglied Karl-Heinz Rummenigge vom FC Bayern München hatte hingegen Verständnis für Rubiales' Verhalten gezeigt und gesagt: "Wenn man Weltmeister wird, ist man emotional. Und was er da gemacht hat, ist - sorry, mit Verlaub - absolut okay."
Darauf reagierten Anhänger des Fußball-Bundesligisten SC Freiburg mit Spruchbändern, die beim Duell mit Werder Bremen hochgehalten wurden: "Faust statt Kuss für Rubiales und Rummenigge - sorry, mit Verlaub - absolut OK" und "Machtverhältnisse wieder 1A ausgespielt. Frauen gewinnen WM - toxische Männlichkeit in aller Munde".
Kapitänin Popp entsetzt über vereinzeltes Verständnis für Rubiales
"Niemand, absolut niemand sollte dies als Kleinigkeit abtun", schrieb Kapitänin Alexandra Popp auf ihrem Instagram-Account. "Es war nicht nur der erzwungene Kuss an Jenni Hermoso, sondern auch das Fassen in den Unterleib oder das Tragen von Athenea del Castillo. Sollte ein Funktionär und Repräsentant so etwas tun? NEIN!"
Weiter heißt es in dem Statement: "Nun müssen wir eigentlich dankbar sein, dass im Überschwang des WM-Finals jemand in Verantwortung wie der spanische Verbandspräsident sein vermeintlich wahres Gesicht gezeigt hat. Es ist traurig, wenn auch in der deutschen Fußball-Welt anscheinend noch nicht alle aufgeklärt genug sind, das einschätzen zu können."
Auch in NRW-Vereinen Thema
Spielerinnen des Vereins SC Grimmlinghausen 1936 in Neuss erklärten im WDR-Interview, übergriffiges Verhalten sei nicht akzeptabel: "Wenn mir das passiert wäre, würde ich persönlich mich total unwohl fühlen. Man hat ja auch gesehen, dass der Präsident die Spielerin auch sozusagen festgehalten hat." Hermoso habe hilflos gewirkt - für sie gehe das gar nicht, sagt eine der Juniorinnen dort.
Der sportliche Leiter des Vereins in Neuss sagt: Funktionäre sollten sich auf allen Ebenen korrekt verhalten. "Gerade wir, die wir uns intensiv mit Mädchen- und Frauenfußball beschäftigen, sind ja permanent in der Vorbildfunktion" so Wolla Liebich. Es sei wichtig, auf die Umgangsformen mit den Mädchen und ihren Eltern zu achten. "Für mich ist das Verhalten dieses Mannes es ein absolutes No-Go", so sein Fazit.