Ruhrwa(h)l in Dortmund aufgetaucht.

Das erste Mal: Das Ruhrgebiet wählt sein eigenes Parlament

Stand: 19.08.2020, 07:58 Uhr

Bei der Kommunalwahl am 13. September haben gut vier Millionen Revierbürger eine Extra-Stimme. Sie wählen zum ersten Mal direkt das Ruhrparlament.

Von Paul Patrick Nelles

Gespräche mit Menschen in den Innenstädten des Reviers zeigen: Von der ersten Direktwahl zum Ruhrparlament hat kaum jemand gehört. Und auch was der Regionalverband tut, wissen nur wenige. Doch der Wunsch nach mehr Zusammenarbeit der Städte im Revier ist offenbar groß.

Das Parlament wacht über die Arbeit des Regionalverbandes Ruhr in Essen. Der RVR kümmert sich im Auftrag der 53 Städte und Gemeinden des Reviers um zentrale Aufgaben wie die Regionalplanung, den Tourismus, die Industriekultur oder die Wirtschaftsförderung.

Erste Direktwahl nach 100 Jahren

Das Ruhrparlament gibt es schon so lange wie den RVR. Seit genau 100 Jahren. Offiziell heißt es ziemlich bürokratisch "Verbandsversammlung". Bislang haben die Stadträte und Kreistage des Reviers die Vertreter für die Versammlung einfach bestimmt. Nun können die Bürger das Parlament direkt wählen.

Prominente und profilierte Kandidaten

Mehr Kompetenz und mehr Macht bekommt das Gremium deshalb aber noch nicht. Die Parteien setzen jedoch darauf, dass das politische Gewicht des Parlamentes und damit auch des RVR wächst. Das ist auch an den Listen der Kandidaten abzulesen. Anders als früher bewerben sich jetzt mehr prominente und profilierte Politiker um die 91 Sitze.

Spitzenkandidat der CDU ist zum Beispiel der ehemalige RAG-Manager Hans-Peter Noll. Die SPD-Liste führt der Herner Oberbürgermeister Frank Dudda an. Der Sozialwissenschaftler Jörg Bogumil aus Bochum sieht darin eine Chance für mehr Zusammenarbeit im Revier: "Wenn Persönlichkeiten ins Ruhrparlament einziehen, die in ihren Städten etwas zu sagen haben, dann könnten die Städte dem Parlament bald auch mehr Kompetenzen übertragen."

"Wähler kennen das Ruhrparlament nicht"

Die meisten Wähler, glaubt Bogumil, dürfte das allerdings kalt lassen. "Sie kennen das Ruhrparlament und seine Aufgaben nicht und werden die Parteien wählen, die sie auch sonst wählen."

"Man könnte bestimmt viel Geld sparen, wenn die Städte mehr zusammenarbeiten würden", sagt ein Bürger. "Es wäre gut", meint ein junger Mann, "wenn das Kirchturmdenken endlich beiseite geschafft und die Region als eine Ruhrstadt gesehen würde." Eine Frau wünscht sich, dass "das Ruhrgebiet endlich eine Einheit finden würde."

Mit dem Slogan "Mach es zu Deinem Revier" und mit einer Kampagne will der RVR in den kommenden Wochen für die Direktwahl werben. Mit Spektakeln und Wortspielen. Von Zeit zu Zeit wird im Revier etwa ein riesiges Säugetier auftauchen. Es ist aufblasbar und aus recyclingfähigem Kunststoff: Der Ruhrwal.