Wie Corona den Kommunalwahlkampf verändert

Stand: 05.09.2020, 06:00 Uhr

Politische Kommunikation trotz Pandemie - wie geht das? Vor dieser Frage stehen seit Wochen die Kommunalwahlkämpfer im Land. Unter Corona-Bedingungen versuchen sie, ihre Botschaften ans Wahlvolk zu bringen.

Von Martin Teigeler

Unter widrigen COVID-19-Bedingungen die Wahlberechtigten anzusprechen, ist nicht leicht für die Kandidatinnen und Kandidaten bei den Kommunalwahlen. Gleichzeitig sorgt die Pandemie für neue Wahlkampf-Methoden und ein Comeback klassischer Werbemittel. Flugblätter und Plakate sind wieder wichtiger geworden.

"Mischung aus Online- und Retro-Wahlkampf"

Lissi  von Bülow

Sozialdemokratin Lissi von Bülow

Die Bonner SPD-Oberbürgermeisterkandidatin Lissi von Bülow macht es so, "dass ich einfach präsent auf der Straße bin". Sie trage am Infostand keine Maske, weil man mich sonst nicht erkennt, achte aber konsequent auf die Abstandsregeln. "Insgesamt ist es in diesem Wahlkampf leider unglaublich schwer, die Menschen zu erreichen. Wir setzen auf eine Mischung aus Online- und Retro-Wahlkampf mit Flugblättern und Plakaten", so von Bülow.

"Wegen Corona machen wir viel Wahlkampf draußen an der frischen Luft", sagt Fabian Schütz, Stadtrats-Kandidat der CDU in Bochum. Mit dem Bollerwagen sei man zum Beispiel an der Ruhr unterwegs gewesen und so mit Radfahrern ins Gespräch gekommen. Aber auch an der Haustür werde Wahlkampf gemacht - "mit zwei Meter Abstand natürlich", sagt Schütz.

"Wie Mehltau"

In der Anfangsphase habe sich Corona wie Mehltau über den Wahlkampf gelegt, sagt die Grüne Daniela Schneckenburger, die in Dortmund Oberbürgermeisterin werden will. Die direkte Kommunikation mit den Bürgern sei im Frühjahr fast eingefroren. Seit einigen Wochen sei es etwas besser geworden.

Daniela Schneckenburger

Grüne OB-Kandidatin Daniela Schneckenburger

"Wir machen fast keine Hausbesuche, da das Klingeln an der Tür in Corona-Zeiten vielleicht als störend empfunden würde", sagt Schneckenburger. Natürlich sei es schade, dass dieser Wahlkampf so ablaufen muss. Denn ein Kommunalwahlkampf lebe eigentlich vom persönlichen Gespräch.

Wichtig: Volle Wahlkampfkasse

"Einen Vorteil haben jetzt im Wahlkampf Parteien mit Geld. Die großen Parteien hauen hier richtig was an Flyern raus - teilweise zweimal wöchentlich an alle Haushalte", sagt Thorsten Kasparek, Stadtrats-Kandidat für die Freien Wähler der Isselgemeinden in Hamminkeln-Dingden (Kreis Wesel). Noch wichtiger sei die Berichterstattung in der Lokalpresse. "Wer in der Zeitung nicht vorkommt, hat ein Problem", sagt Kasparek. Er mache viel im Internet, über Twitter oder bei wichtigen Themen auf OpenPetition.

"Leute machen einen Bogen um Infostände"

Manfred Evers

Parteiloser Bürgermeister-Kandidat Evers

Manfred Evers ist parteiloser Bürgermeister-Kandidat in Ratingen. "Die Leute machen einen großen Bogen um die Infostände", sagt er. "Man kann aber nicht alles auf Corona schieben." Auch vorher habe es schon Leute gegeben, die nicht von Lokalpolitikern angesprochen werden wollten. "Weniger Veranstaltungen" beobachtet auch Evers, der seit vielen Jahren in der Ratinger Lokalpolitik mitmischt. Teilweise würden Podiumsdiskussion ohne Publikum abgehalten - und nur live gestreamt.

Es bleibt abzuwarten, wie die Wahlberechtigten auf diesen "Seuchen-Wahlkampf" auf Distanz reagieren. Immerhin melden viele Kommunen steigende Briefwahl-Zahlen. Wichtig für alle, die trotz Pandemie ins Wahllokal gehen: Bei den Wahlen am 13. September (und den Stichwahlen am 27.9.) gilt eine Maskenpflicht. Und: Jeder muss einen eigenen Stift mitbringen.

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