Streit in der Ampelkoalition: Worum geht es eigentlich?

Stand: 28.03.2023, 22:02 Uhr

Die Spitzen von SPD, Grünen und FDP haben drei Tage in Folge über die Streitthemen der Ampelkoalition beraten. Was war da los?

Spitzenpolitiker von SPD, Grünen und FDP haben am Dienstag ihr Krisentreffen im Kanzleramt beendet.

Dem Treffen am Dienstag ging ein rund 20-stündiger Verhandlungsmarathon voraus. Seit Wochen rumort es in der Ampel. Bei dem Treffen wollen Grüne, FDP und SPD Lösungen zu den wichtigsten Streitthemen finden.

Worum ging es beim Ampel-Streit?

In erster Linie ging es um die Frage der Planungsbeschleunigungen für Infrastrukturmaßnahmen, sagte Regierungssprecher Steffen Hebestreit. "Und da sind viele Zielkonflikte miteinander zu klären."

Es gelte etwa, den Wunsch nach schnellerem Ausbau erneuerbarer Energien, Straßen und Schienen unter einen Hut zu bringen mit Bezahlbarkeit, Planbarkeit und der Zukunft der industriellen Fertigung in Deutschland.

Den Grünen reichen die Anstrengungen von FDP-Verkehrsminister Volker Wissing bei der Verkehrswende nicht aus. Klimaschutz im Verkehr gilt als größtes Konfliktthema in der Koalition. Die FDP lehnt ein generelles Tempolimit ab, ebenso wie eine Reform der Dienstwagenbesteuerung. Auch bei "grünen" Vorschlägen wie dem Bonus-Malus-System beim Neukauf eines Autos und der Reform der Pendlerpauschale gibt es unterschiedliche Meinungen.

Die Grünen wiederum stellen sich derzeit beim Punkt Planungsbeschleunigung für den Bau von Autobahnen quer - ein Anliegen der FDP.

Einig scheinen sich die Parteien hingegen beim Austausch von Heizungen. Ab 2024 sollen neue konventionelle Öl- und Gasheizungen nicht mehr erlaubt sein. Ein weiteres Streitthema ist die Finanzierung der Kindergrundsicherung. Familienministerin Lisa Paus fordert dafür 12 Milliarden Euro. Finanzminister Christian Lindner hält ein Aufstocken nicht für zwingend notwendig.

Welche Kritik gibt es am Koalitionsausschuss-Treffen?

Die Koalition wirke, als sei sie nicht handlungsfähig, so die Einschätzung von WDR-Korrespondent Philipp Menn am Montag nach dem 20-stündigen Verhandlungsmarathon. Kritisch sieht er auch die Rolle von Bundeskanzler Scholz im Streit zwischen FDP und Grünen.

"Mein Eindruck ist,
das nimmt er in Kauf."
WDR-Korrespondent Philipp Menn über Kanzler Scholz und den Ampel-Streit

"Beziehungsweise, er findet es auch gut", so Philipp Menn weiter, "denn dann wirkt er in diesem Streit so wie jemand, der über den Dingen schwebt, wie eine Art Vater, der dann irgendwann mal zu den Kindern im Sandkasten hinuntersteigt und die dann auseinander trennt."

Naturgemäß kritisch blickt die Opposition auf den Koalitionsausschuss. Auch CDU/CSU-Fraktionschef Friedrich Merz attestierte der Ampel-Koalition Handlungsunfähigkeit. "Wir haben ganz offensichtlich in Deutschland eine Regierungskrise."

SPD-Fraktionsvize Matthias Miersch gestand ein, dass sich alle schnellere Ergebnisse gewünscht hätten. "Allerdings sind es eben ganz große Themen, teilweise Themen, die in der Großen Koalition liegen geblieben sind", sagte er mit Blick auf die Vorgängerregierung unter Angela Merkel (CDU).

FDP-Fraktionsvize Konstantin Kuhle kritisierte den ständigen Streit. "Was ich nicht gut finde, ist, wenn man die Zusammenarbeit in der Koalition grundsätzlich infrage stellt. Das sollten wir alle uns auch an die eigene Nase fassen, einschließlich der FDP", sagte er im ARD-Morgenmagazin.

Die gesamte Opposition aus CDU, CSU, AfD und Linker wertete die Unterbrechung und die Länge der Beratungen als Blamage und Armutszeugnis.

Warum waren die Beratungen unterbrochen?

Grund für die Unterbrechung waren die deutsch-niederländischen Regierungskonsultationen am Montagnachmittag, die man nicht verschieben wollte.

Wie lässt sich der Streit noch lösen? 

"Am Ende hängt alles mit allem zusammen. Man braucht eine Paketlösung", so die Einschätzung von Matthias Deiß aus dem ARD-Hauptstadtstudio am Montag.

"Jeder muss etwas geben und auch etwas nehmen - und auch zu geben bereit sein in den wichtigen Themen Haushalt und Planungsverfahren." Matthias Deiß, ARD-Hauptstadtstudio

Kompromisse müssen also her, um die Zukunft der Ampelkoalition zu sichern. Bundeskanzler Scholz warb um Verständnis für die lange Dauer der Gespräche: "Wir wissen: Es hat viele Jahrzehnte gegeben, in denen alles viel zu langsam voranging, das muss sich ändern", sagte er.