In Nordrhein-Westfalen fehlen einer Studie zufolge rund 110.400 Kita-Plätze. Vor allem bei den jüngeren Kindern unter drei Jahren könne der Betreuungswunsch der Eltern häufig nicht erfüllt werden, heißt es im "Ländermonitoring Frühkindliche Bildungssysteme" der Bertelsmann Stiftung, das am Dienstag veröffentlicht wurde.
Bei den Unter-Dreijährigen in NRW sind laut der Studie knapp 30 Prozent in einer Kindertagesbetreuung, tatsächlich wünschen sich aber 48 Prozent der Eltern einen Platz. Bei den Jungen und Mädchen ab drei Jahren liege die Betreuungsquote bei 91 Prozent, der Bedarf liege aber bei 95 Prozent.
Zu wenige Erziehungskräfte für zu viele Kinder
Auch der Personalschlüssel muss laut den Ergebnissen der Studie verbessert werden. Das empfohlene Verhältnis von einer Erzieherin für drei Unter-Dreijährige werde mit einem tatsächlichen Verhältnis von einer Vollzeitfachkraft für 3,6 Krippenkinder unterschritten. Für die älteren Jungen und Mädchen laufe es mit einer Fachkraft für acht Kinder ebenfalls noch nicht optimal.
Die Gewerkschaft Verdi kündigte für Donnerstagmorgen eine Mahnwache vor der Düsseldorfer Staatskanzlei an, um auf die problematische Personalsituation in den Kitas aufmerksam zu machen. Die Bildungsgewerkschaft GEW forderte eine "Attraktivierung des Berufsfeldes Kita". Das Bildungswesen drohe am Personalmangel zu zerbrechen. Es werde nicht ohne bessere Rahmen- und Arbeitsbedingungen gehen, mahnte die GEW-Landesvorsitzende Ayla Çelik.
NRW-Familienministerium will zusätzliche Mittel bereitstellen
Der Platzmangel in den NRW-Kitas ist schon länger ein Problem. Bereits im September hatte die NRW-Landesregierung zusätzliches Geld für die Kitas im Land angekündigt. NRW-Familien- und Kinderministerin Josefine Paul (Grüne) will im kommenden Jahr zusätzliche 550 Millionen Euro für die frühkindliche Bildung ausgeben.
Am Dienstag sagte Paul dem WDR, die Situation in der frühkindlichen Bildung sei eine "durchaus herausfordernde". Die Landesregierung habe zwar schon eine Reihe von Maßnahmen ergriffen. "Aber von heute auf morgen wird der Fachkräftemangel, der über Jahre angewachsen ist, nicht zu lösen sein." Man arbeite weiter "Schritt für Schritt" daran, die Lücke zwischen dem Bedarf und dem Angebot an Kita-Plätzen zu schließen. Wann spürbare Verbesserungen für Eltern eintreten werden, sagte die Ministerin aber nicht.
430.000 fehlende Kitaplätze ein "Armutszeugnis"
Nicht nur in NRW, auch bundesweit sehen die Zahlen für die Kitas schlecht aus. Nach Berechnungen der Bertelsmann Stiftung fehlen in Deutschland fast 430.000 Kita-Plätze. Zudem würden mehr als zwei Drittel der Kinder in Gruppen mit einem "nicht kindgerechten" Personalschlüssel betreut.
Die Diakonie Deutschland konstatierte ein politisches Versagen. "Es ist ein Armutszeugnis, dass zehn Jahre nach Einführung des Rechtsanspruchs auf frühkindliche Bildung, Betreuung und Erziehung noch immer nicht für jedes Kind ein Platz in einer Kita angeboten werden kann", sagte die Sozialvorständin der Diakonie Deutschland, Maria Loheide, am Dienstag in Berlin.