Studiogespräch: Karsten Schwanke, Meteorologe Aktuelle Stunde 27.07.2023 31:55 Min. UT Verfügbar bis 27.07.2025 WDR

UN: Juli wohl heißester Monat seit Aufzeichnungsbeginn

Stand: 27.07.2023, 22:00 Uhr

Der diesjährige Juli ist noch nicht rum, aber nach UN-Angaben ist es wohl der heißeste Monat seit Beginn der Wetteraufzeichnungen. Die aktuellen Temperaturen seien in der Geschichte der vergangenen 100.000 Jahre "wahrscheinlich" beispiellos.

Es sei "extrem wahrscheinlich, dass der Juli 2023 nicht nur der heißeste Juli, sondern auch der heißeste Monat in den Aufzeichnungen" sei. Das teilten die Weltorganisation für Meteorologie (WMO) und das EU-Erdbeobachtungsprogramm Copernicus mit.

In den ersten drei Wochen dieses Monats hatten die weltweiten Durchschnittstemperaturen angesichts von Hitzewellen in vielen Regionen bereits deutlich über den Werten der vergangenen Jahre gelegen.

UN-Generalsekretär: "Der Juli 2023 wird alle Hitzerekorde brechen"

"Wir müssen nicht bis zum Monatsende warten. Außer einer Kälteperiode in den nächsten Tagen wird der Juli 2023 alle Hitzerekorde brechen", sagte UN-Generalsekretär António Guterres. "Es gab die heißesten drei Wochen am Stück und die höchste je gemessene Meereserwärmung zu dieser Jahreszeit."

"Die Ära der globalen Erwärmung hat geendet, die Ära des globalen Brodelns hat begonnen." UN-Generalsekretär António Guterres

Hitze wahrscheinlich in den vergangenen 100.000 Jahren beispiellos

Copernicus-Direktor Carlo Buontempo erklärte, die Messungen in diesem Monat stächen aus den seit den 1940er-Jahren registrierten Wetterdaten heraus. Die aktuellen Temperaturen seien so viel höher als in früheren Jahren, dass die Wissenschaftler sich schon vor Ende des Monats sicher seien, dass im Juli ein neuer Hitze-Rekord erreicht worden sei. 

Über die Wetteraufzeichnungen hinaus deuteten Befunde an Baumringen und in Eiskernen darauf hin, dass die aktuellen Temperaturen "in unserer Geschichte in den vergangenen tausend Jahren beispiellos" seien, fügte Buontempo hinzu. Dies gelte "wahrscheinlich" sogar für die vergangenen 100.000 Jahre. 

Ohne den menschengemachten Klimawandel "praktisch unmöglich"

Insbesondere der Mittelmeerraum, der Süden der USA und Teile Chinas haben in den vergangenen Wochen heftige Hitzewellen erlebt. Angesichts von Temperaturen von mehr als 40 Grad brachen etwa in Griechenland und Algerien zahlreiche heftige Waldbrände aus.

Feuer in Kalifornien USA | Bildquelle: IMAGO/Achille Abboud

Laut einer Schnellanalyse des Forschungsnetzwerks World Weather Attribution (WWA) wären diese Hitzewellen "ohne den menschengemachten Klimawandel praktisch unmöglich" gewesen.

Bereits der Juni war laut Copernicus der heißeste Juni weltweit seit Beginn der Aufzeichnungen. Es sei unwahrscheinlich, dass der Hitzerekord im Juli dieses Jahr ein isoliertes Ereignis bleibe, erklärte Copernicus-Direktor Buentempo nun. UN-Generalsekretär António Guterres: "Die Ära der globalen Erwärmung hat geendet, die Ära des globalen Brodelns hat begonnen." Er rief die internationale Gemeinschaft zu schnellem und radikalem Gegensteuern auf.

Klimaforscher: Heißester Juli seit 120.000 Jahren

Laut einer Analyse des Klimaforschers Karsten Haustein von der Universität Leipzig ist der Juli 2023 offenbar der heißeste Monat seit 120.000 Jahren. Die Durchschnittstemperatur lag in dem Sommermonat um 1,5 Grad über dem vorindustriellen Niveau.

Studiogespräch: Dr. Karsten Haustein, Klimawissenschaftler Institut für Meteorologie Uni Leipzig WDR aktuell 27.07.2023 21:17 Min. Verfügbar bis 27.07.2025 WDR

ARD-Wetterexperte Schwanke: Sorge um weltweit hohe Wassertemperaturen

"Die hohen Wassertemperaturen weltweit bereiten uns noch mehr Kopfzerbrechen", sagt ARD-Wetterexperte Karsten Schwanke. "Vor drei, vier Monaten haben wir nur auf den südlichen Pazifik geschaut, weil sich hier das El-Niño-Phänomen bemerkbar machte. Gleichzeitig erhöhten sich aber auch die Temperaturen im Nordpazifik, im gesamten Nordatlantik mit Rekordtemperaturen vor Grönland und vor Kanada, dann das aufgeheizte Mittelmeer. Warum das so ist, wissen wir noch nicht genau."

Intensität und Häufigkeit von Wetterextremen wird zunehmen

Wetterextreme wie Hitzewellen nehmen Wissenschaftlern zufolge als Folge des globalen Klimawandels an Intensität und Häufigkeit zu. Die Erde hat sich seit Beginn des industriellen Zeitalters bereits um etwa 1,2 Grad erwärmt. Das Pariser Klimaabkommen sieht vor, die Erwärmung auf deutlich unter zwei Grad, möglichst aber auf 1,5 Grad zu begrenzen. Nach jetzigem Stand steuert die Erde aber auf eine gefährliche Erwärmung von etwa vier Grad zu.